Grippewelle
Sänger in Sorge
Die Grippewelle kann für Sänger besonders anstrengend sein: Ein verschnupftes Publikum macht den Auftritt zur Tortur, wie Gesangslehrerin Barbara Pfeffer im Interview sagt.
Veröffentlicht:ESSEN. Die Grippewelle rollt über das Land und viele husten, krächzen und sind heiser. Was für die meisten im Alltag schon nervig genug ist, ist für professionelle Sänger eine kleine Katastrophe.
Denn mit Erkältung sollten sie besser nicht singen, sagt Barbara Pfeffer, Gesangslehrerin an der Folkwang Universität der Künste in Essen.
Im dpa-Interview erzählt sie, wie Sänger sich vor einer Erkältung schützen, und wie es ist, vor hustendem Publikum zu singen.
Was können Sänger tun, wenn sie Angst vor einer Grippe oder Erkältung haben?
Barbara Pfeffer: Es ist natürlich auch eine psychische Geschichte. Wenn ich Angst vor einer Erkältung habe, dann ist sie so gut wie da. Wenn ich Angst vor einem Konzert habe, weil ich mich vielleicht überfordert fühle, kommt die Erkältung todsicher.
Wenn ich das total schön finde und einfach Spaß habe, dann werde ich mich nicht erkälten. Dieser Psychofaktor ist irrsinnig groß. Deswegen hat das auch immer so ein bisschen was mit Hysterie zu tun.
Aber natürlich ist alles gut, was das Immunsystem stärkt. Das heißt natürlich solche Geschichten wie Vitamine und viel Schlaf. Ich persönlich schwöre auf Sauna.
Was kann passieren, wenn ein Sänger mit einer Erkältung singt?
Barbara Pfeffer
Barbara Pfeffer (58) unterrichtet an der Folkwang Universität der Künste in Essen Gesang. Sie ist Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Gesangspädagogen. Als Oratorien- und Liedsängerin wirkte sie bei nationalen und internationalen Festivals als Solistin mit.
Pfeffer: Die Stimmlippen, also Stimmbänder, sind mit Schleimhaut umgeben. Bei einer Erkältung ist es so, dass genau diese Schleimhaut angegriffen ist. Das heißt, diese feine Art, die Stimme zu balancieren, die Töne entstehen zu lassen - die ist nur eingeschränkt gegeben.
Dann ist es ein Problem, dass der Sänger das sofort kompensiert. Und was er dann nicht aus der Schwingung fühlt, macht er mit Druckausgleich.
Dann kann er sich eine Entzündung des Kehlkopfs oder der Stimmbänder zuziehen, weil er falsch belastet. Das ist ein Teufelskreis.
Und wenn das Publikum bei einem Konzert krächzt und hustet: Was können Konzert- und Opernhäuser dann machen?
Pfeffer: Es gibt charmante Dinge, da stehen eben Bonbons im Eingangsbereich. Ich nenne das auch immer den Psychohusten.
Es gibt ganz viele Menschen, die die Stille nicht ertragen können. Und wenn es richtig schön wird, dann müssen die sich einfach einbringen so nach dem Motto "Ich bin auch noch da" oder "Ich halte das Schöne nicht aus".
Es gibt auch Theater oder Konzerthäuser, in denen ich das überhaupt nicht höre.
Und was ist das als Sänger für ein Gefühl, wenn alle ständig husten?
Pfeffer: Wenn man jetzt eine wunderbare Arie gesungen hat, dann ist das eigentlich typisch, dass nach der Arie das Husten losgeht. Vorher haben die Leute wirklich buchstäblich den Atem angehalten.
Die eigene Spannung, die man dann erzeugt, die überträgt sich ja. Und wenn die Arie oder ein anderes Musikstück zu Ende ist, dann ist es erst noch einen Moment leise und dann hustet es los.
Dann hat man alles richtig gemacht. Und wenn zwischendurch viel gehustet wird, kriegt man es meistens gar nicht mit. (dpa)