30 Jahre Mauerfall

Staunen über die friedliche Revolution

Stephan Helm sieht in den vergangenen 30 Jahren eine gute Entwicklung für die Kliniken in Sachsen.

Sven EichstädtVon Sven Eichstädt Veröffentlicht:
Dr. Stephan Helm war in der DDR zuletzt Leiter der Kreishygieneinspektion mit rund 350 Mitarbeitern. Seit 1991 ist er Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen.

Dr. Stephan Helm war in der DDR zuletzt Leiter der Kreishygieneinspektion mit rund 350 Mitarbeitern. Seit 1991 ist er Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen.

© Sven Eichstädt

Rückblickend ist Dr. Stephan Helm immer noch überrascht, wie friedlich alles verlief. „Wir hatten ja noch die Bilder aus Peking vom Platz des Himmlischen Friedens von Juni 1989 und vom Prager Frühling von 1968 vor Augen“, sagt der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen.

In beiden Fällen waren die Demonstrationen in China und in der Tschechoslowakei gewaltsam niedergeschlagen worden. Im Alter von damals 31 Jahren hatte Helm die friedliche Revolution im Herbst 1989 in Leipzig miterlebt.

Helm hatte von 1979 bis 1983 an der Handelshochschule in Leipzig Ökonomie studiert und anschließend auf sozialökonomischem Gebiet promoviert. Danach wechselte er in leitende Funktionen des Gesundheitswesens der damaligen Bezirksstadt Leipzig – die DDR war in 15 Bezirke statt wie nach der Wiedervereinigung in fünf Bundesländer eingeteilt.

Zuletzt stand er als Leiter der Kreishygieneinspektion rund 350 Mitarbeitern vor. „Ich bin durch Zufall ins Gesundheitswesen gekommen“, erinnert er sich, „das war wie eine Art Panikbewegung von mir, denn ich konnte mich mit dem damaligen System nicht richtig arrangieren.“

Veränderungen in DDR nötig

Schon vor dem Herbst 1989 war für Helm offensichtlich, dass Veränderungen in der DDR nötig waren. „Wenn man das politische Geschehen verfolgte, war dies klar.“ Kontakt zum nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet – wie es damals hieß – hatte Helm regelmäßig im Frühjahr und Herbst, während in Leipzig jeweils die Messe ausgerichtet wurde.

Da fuhr er mit seinem Auto eines der Privattaxis, die es wegen des Mangels an normalen Taxen gab und beherbergte außerdem Gäste in seiner Wohnung: Hotelzimmer waren damals ebenso knapp. „Wir lebten nicht im Tal der Ahnungslosen“, sagt Helm.

Das Gesundheitswesen in der DDR schätzt Helm differenziert ein. Einerseits findet er, dass es „sich auch durch Verwahrlosung auszeichnete“. Wobei Leipzig durch die Messen in einer privilegierten Position gewesen sei, ähnlich wie Berlin als Hauptstadt der DDR. „Außerhalb von Berlin und Leipzig war der Mangel im Gesundheitswesen noch stärker spürbar.“ Andererseits erinnert er sich daran, dass Ärzte damals „relativ unbehelligt arbeiten und einer patientenorientierten Arbeit nachgehen konnten“.

Helm spricht die Polikliniken an, die es seinerzeit gab und findet, „dass ich daran keinen patientenfeindlichen Ansatz erkennen kann“. Es existierte damals ein Konzeptpapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum Erhalt der Polikliniken, allerdings wurde daraus nichts. „Die freie Niederlassung als einzelner Arzt war seinerzeit sehr stark gewünscht“, erinnert Helm.

„Nichts kann so bleiben, wie es war“

Nach 1989 erlebte er den Umbruch des Gesundheitswesens von einem staatlichen System zu einem System der Selbstverwaltung direkt mit. „Wir waren uns damals einig, dass nichts so bleiben kann, wie es war.“ 125 Krankenhäuser existierten seinerzeit in den drei Bezirken Dresden, Leipzig und Karl-Marx-Stadt, aktuell sind es in Sachsen noch 78.

Die Gebäude sind zum großen Teil entweder neu gebaut oder saniert. „Schon 1993 war der erste Neubau fertig“, erinnert sich Helm, „die Entwicklung der vergangenen 30 Jahre war eine gute für die Kliniken in Sachsen.“ Das erste, was nach der Wiedervereinigung für Krankenhäuser da gewesen sei, sei das Geld für Investitionen gewesen.

„Über die Zustände im Gesundheitswesen sind seitdem mehrere Lichtjahre darüber gegangen“, findet Helm. „Die Leistungsfähigkeit der Medizin und die Möglichkeiten der Diagnostik von heute sind Entwicklungen, die vor 30 Jahren unvorstellbar gewesen waren.“

Wenn er an die Zeit vor 30 Jahren zurückdenkt, beeindruckt ihn immer noch, wie unwahrscheinlich schnell damals die Entwicklung ging. „Ich hatte die Überzeugung gehabt, dass das Land DDR reformierbar wäre“, sagt Helm. „Aber die Mehrheit des Volkes wollte etwas anderes.“

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