Bericht des EU-Rechnungshofes

Umweltbelastung in Städten zählt weiter zu den größten Risikofaktoren für die Gesundheit

Der Europäische Rechnungshof nimmt die Mitgliedsstaaten bei der Einhaltung von Schadstoff-Grenzwerten in die Pflicht. In Sachen Lärmbelastung mahnt er EU-weite Ziele an.

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Laut EU-Umweltagentur gilt die Luft in Gelsenkirchen als besonders schlecht.

Laut EU-Umweltagentur gilt die Luft in Gelsenkirchen als besonders schlecht.

© M.i.S.-Sportpressefoto/picture alliance

Brüssel. Vor nicht allzu langer Zeit tobte noch ein erbitterter Kampf um die Luftqualität in Europas Städten. Mittlerweile ist es um das Thema ruhiger geworden, denn die Luft in der Gemeinschaft wird seit Jahren sauberer. Durchatmen können die Bewohner von Ballungsräumen trotzdem nicht. Die Umweltbelastung in Städten zählt weiter zu den größten Risikofaktoren für die Gesundheit. Zu dem Schluss kommt der Europäische Rechnungshof in seinem Bericht, der an diesem Mittwoch vorgestellt wurde.

Die EU-Umweltagentur EEA schätzt, dass jährlich mehr als 250.000 Menschen in Europa als Folge der Luftverschmutzung sterben. „Beim Kampf gegen die Umweltbelastung in den Städten sind zwar Erfolge erzielt worden, trotzdem dürfen wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen“, sagte Klaus-Heiner Lehne, der für die Prüfung zuständig war. In dieser wurden Griechenland, Spanien und Polen beziehungsweise Athen, Barcelona und Krakau ins Visier genommen, die Schlussfolgerungen würden jedoch nach eigener Aussage für die gesamte Union gelten.

Staaten müssen Anstrengungen weiter verstärken

Die EU sowie die 27 Mitgliedstaaten müssten ihre Anstrengungen weiter verstärken, um die künftig strengeren Grenzwerte für Luftschadstoffe einhalten zu können, lautet das Fazit. Im Rahmen des Grünen Deals hatte die EU-Kommission eine Überarbeitung der entsprechenden Richtlinie und verpflichtende Standards vorgeschlagen. „Frische Luft sollte kein Luxus sein, sie sollte als grundlegendes Menschenrecht betrachtet werden“, sagte der damalige Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius und verlangte strengere Grenz- und Zielwerte für verschiedene Schadstoffe, vorneweg Feinstaub, Stickstoffdioxid und Ozon.

Die neuen Normen, die spätestens ab 2030 gelten, orientieren sich an den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Vorgaben. Man müsse sich im Klaren sein, dass „ehrgeizige Ziele nicht ohne erhebliche zusätzliche Anstrengungen erreicht werden können“, sagte Lehne. Die Schadstoffbelastung, insbesondere die durch Autos und Lastwagen verursachte Konzentration an Stickstoffdioxid, stelle nach wie vor ein großes Problem dar. In Deutschland etwa registrierte die EEA für die Jahre 2022 und 2023 die schlechteste Luftqualität in Berlin, Passau und Gelsenkirchen.

Schlechte Koordination der Behörden

Die Städte hätten den Rechnungsprüfern zufolge Schwierigkeiten, wirksam gegen die Probleme vorzugehen aufgrund von „schlechter Koordinierung durch die Behörden, Zweifeln an der Wirksamkeit der Maßnahmen oder dem Widerstand von Anwohnern gegen entsprechende Eingriffe“. Als Beispiel nannten sie die sogenannten „grünen Achsen“, auf denen Fußgänger und Radfahrer Vorrang vor Autos haben. Diese seien für die unmittelbaren Anlieger zwar vorteilhaft, sie führten in den umliegenden Straßen aber zu schlechterer Luft und mehr Lärm.

Sie fanden außerdem heraus, dass gegen Versuche, Umweltzonen in Barcelona und Krakau einzurichten, wegen der Diskriminierung von Verkehrsteilnehmern oder der Einschränkung der Bewegungsfreiheit geklagt wurde – „mit der Folge, dass die Umweltzonen nur in kleinerem Umfang verwirklicht werden konnten oder ihre Umsetzung verschoben wurde“. In Deutschland wurden viele wieder abgeschafft, weil sie als überflüssig betrachtet wurden.

In München und Madrid ist es zu laut

Der Hof nahm sich darüber hinaus im Besonderen der Lärmbelastung an. In München oder Madrid, Barcelona oder Bukarest ist es schlichtweg zu laut. Drei von vier Bürgern in der Union leben in Ballungsräumen und seien daher in besonderem Maße betroffen. Eine langfristige Lärmbelastung könne etwa zu Schlafstörungen, Angstzuständen oder psychischen Erkrankungen führen. So werden in Europa jährlich 48.000 neue Fälle von Herzerkrankungen und 12.000 vorzeitige Todesfälle darauf zurückgeführt.

Anders als beim Thema Luftqualität gebe es jedoch „keine EU-weiten Ziele für die Lärmminderung“, kritisierte Lehne. „Das Fehlen von Zielvorgaben hält die Mitgliedstaaten davon ab, Maßnahmen zur Verringerung der Lärmbelastung Priorität einzuräumen.“ Der Hof appellierte deshalb an Regionen und Städte, „Aktionspläne aufzustellen und umzusetzen“. (kap)

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