Nationaler Strategieplan

Schub für digitale Pflege erhofft

Mehrere Verbände wollen gemeinsam dazu beitragen, die Digitalisierung in der Pflege zu fördern. Dabei helfen soll ein nationaler Strategieplan. Ein Positionspapier des Bündnisses soll dafür den Weg weisen.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Ob in der Pflege zu Hause, im Heim oder im Krankenhaus: Digitale Werkzeuge können Patienten zu mehr Teilhabe verhelfen – und Pfleger im Alltag zum Beispiel in der Dokumentation unterstützen.

Ob in der Pflege zu Hause, im Heim oder im Krankenhaus: Digitale Werkzeuge können Patienten zu mehr Teilhabe verhelfen – und Pfleger im Alltag zum Beispiel in der Dokumentation unterstützen.

© and.one / stock.adobe.com

Berlin. Um die Digitalisierung auch in der Pflege in Deutschland voranzubringen, haben sich sechs Verbände aus dem Gesundheits- und Sozialwesen zum Bündnis „Digitalisierung in der Pflege“ zusammengeschlossen. Bislang bremsten ungeklärte rechtliche, technische und ökonomische Fragen die Digitalisierung in diesem Bereich aus, klagen die angeschlossenen Verbände.

In einem Positionspapier, das am Dienstag publiziert worden ist, fordern die Verbände einen nationalen Strategieplan, der von einem Kompetenzzentrum erarbeitet werden soll, das analog zum Health Innovation Hub (hih) für die Digitalisierung des Gesundheitswesens aufgebaut sein könnte.

Durchdachte digitale Lösungen böten auch in der Pflege ein großes Potenzial bei der Bewältigung von Aufgaben wie dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel. Sie könnten das Pflegepersonal von bürokratischen Tätigkeiten entlasten, eröffneten den Pflegebedürftigen neue Chancen der Teilhabe und erhöhten die Qualität und Sicherheit in der Pflege, heißt es in einer Mitteilung des neuen Bündnisses.

Sechs Verbände, ein Bündnis

Das Bündnis Digitalisierung in der Pflege wird getragen von:

  • Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg)
  • Deutscher Evangelischer Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP)
  • Deutscher Pflegerat (DPR)
  • Fachverband Informationstechnologie in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung (FINSOZ)
  • Verband für Digitalisierung in der Sozialwirtschaft (vediso) und
  • Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD e. V.)

Die Digitalisierung im Pflegesektor stehe im Vergleich zu anderen Bereichen noch am Anfang. Für eine zielgerichtete Entwicklung seien „zeitnah“ strategische Weichenstellungen erforderlich, um langfristige Investitionsentscheidungen zur IT-Infrastruktur treffen zu können, heißt es im Positionspapier.

Zu dem nationalen Strategieplan müssten folgende Punkte interdisziplinär erarbeitet werden:

  • Umfang und Inhalt einer digitalen Grundversorgung für Pflegebedürftige, Angehörige und Einrichtungen
  • Standards zur technischen Ausstattung bzw. Infrastruktur
  • Standards zur Interoperabilität
  • Regelungen zur Nutzung von Daten zur Weiterentwicklung der Qualität und Sicherheit
  • Regelungen zur sektorenübergreifenden Kommunikation und Versorgung im Rahmen vernetzter Versorgungsstrukturen im gesamten Gesundheits- und Sozialwesen.

Voraussetzung flächendeckender Breitbandausbau

Das Kompetenzzentrum solle die Entwicklung von Konzepten zur Digitalisierung in der Pflege, die Gestaltung der digitalen Transformation in allen pflegebezogenen Versorgungssektoren, die Vernetzung aller Akteure sowie die Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz von Digitalisierung übernehmen.

Voraussetzung dafür wären zum einen ein flächendeckender Breitbandausbau und eine verfügbare mobile Infrastruktur, mindestens im 4G-Standard. Zum anderen müssten die Verwaltungs- und Versorgungsprozesse, etwa die Dokumentation von Papier auf elektronisch umgestellt werden. Dies könne das Personal deutlich entlasten.

Auch Anwendungen auf Basis Künstlicher Intelligenz seien vorstellbar, die mit Hilfe von Daten „trainiert“ werden, Risiken wie das Sturz- oder Dekubitusrisiko für die Pflegedürftigen zu erkennen und Vorhersagen zu treffen (zum Beispiel Prädiktion von Inkontinenz durch intelligente Matratzen). „Die zielgerichtete Einbeziehung von Mobile Devices (z.B. Sensorik-Lösungen) sollte in diesem Zusammenhang stets mitgedacht werden“, heißt es weiter.

Verbände fordern Anbindung an TI

Um eine sektorübergreifende Vernetzung aller Akteure zu erreichen, müsse der Gesetzgeber einen Termin zur verpflichtenden Anbindung der Pflege an die Telematikinfrastruktur (TI) festsetzen. Unerlässlich seien zudem Lese- und Schreibrechte für die elektronische Patientenakte, „die sich an den Vorgaben für approbierte Berufsgruppen orientieren“. Erforderlich sei es auch, auf die TI über mobile Endgeräte zuzugreifen.

Das Bündnis fordert zudem einen „zentralen Innovationsfonds“, der es innovativen Pflegeeinrichtungen ermögliche, Mittel zu beantragen. Um umfangreiche Innovationsprojekte erfolgreich in Gang zu setzen, sollten sich mehrere Pflegeeinrichtungen bei Anträgen für gemeinsame Projekte zusammenschließen können, heißt es weiter. Die Finanzierung des Innovationsfonds könne aus Beitragseinnahmen der Pflegeversicherung erfolgen.

Nicht zuletzt legt das Bündnis Wert auf eine Refinanzierung der erforderlichen Investitionen in die Digitalisierung. Diese müsse in die Leistungsentgelte einbezogen werden. Dabei müsse es unerheblich sein, ob die Investitionen durch die Pflegeeinrichtung selbst getätigt, an zentraler Stelle für mehrere Einrichtungen gebündelt vorgehalten oder im Rahmen von Servicemodellen (Outsourcing) von externen Dienstleistern bereitgestellt werden. Auch die Betriebskosten müssten refinanziert werden.

Schulungen und neue Berufsbilder

Nicht zuletzt sieht das Bündnis Bedarf für neue Tätigkeitsprofile und Berufsbilder, die pflegerische und technische Kompetenzen verbinden. Sogenannte „Pflege-Digital-Begleiter“ könnten in allen pflegerischen Versorgungsbereichen als Vermittler zwischen Pflege- und IT-Kompetenz arbeiten. Flächendeckende Schulungsprogramme könnten zudem die Akzeptanz der Digitalisierung steigern und zugleich das Berufsbild in der Pflege attraktiver gestalten.

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