AOK-Chef fordert Abwicklung der PKV
Massive Prämiensteigerungen und höhere Kosten: Die PKV befindet sich in harten Zeiten. Manch einer sieht sogar das Geschäftsmodell überholt. Nun fordert der AOK-Chef, die private Krankenversicherung abzuschaffen. Deren Verband ist empört.
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Jürgen Graalmann
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BERLIN (dpa). AOK-Chef Jürgen Graalmann hat die Politik aufgefordert, die private Krankenversicherung (PKV) in ihrer heutigen Form nicht künstlich am Leben zu erhalten.
"Die Lage der PKV ist ganz offensichtlich bedrohlich", sagte der Vorsitzende des AOK-Bundesverbands der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.
"So wie es aussieht, bekommen die Versicherer diese Krise nicht selbst unter Kontrolle", sagte Graalmann. Ein einheitlicher Versicherungsmarkt sei die logische Konsequenz.
Die Politik solle dabei auf einen Ausgleich für die PKV-Unternehmen verzichten. "Wenn das heutige Geschäftsmodell der PKV gescheitert ist, darf es keine politischen Kompensationsgeschäfte geben", forderte Graalmann.
Leienbach: Üble Entgleisung
Mit seinen Äußerungen hat der AOK-Chef teils scharfe Angriffe von Versicherern, Arbeitgebern und FDP auf sich gezogen.
"Wider besseres Wissen erfindet Herr Graalmann ein Horrorszenario, das durch nichts belegt ist", sagte PKV-Verbandsdirektor Volker Leienbach am Mittwoch in Berlin.
Leienbach: "Dass der Repräsentant einer privilegierten öffentlich-rechtlichen Körperschaft wie der AOK wahrheitswidrig einen privatwirtschaftlichen Wettbewerber schlechtredet, ist eine üble Entgleisung."
Der FDP-Gesundheitsexperte Heinz Lanfermann sagte der dpa: "Einen ganzen Wirtschaftszweig als bedroht hinzustellen, halte ich für unseriös."
Der Aufsichtsratschef des AOK-Verbands und Sozialexperte der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Volker Hansen, sagte der dpa: "Das ist nicht die Forderung des Aufsichtsrats des AOK-Bundesverbandes."
Der Vorstoß sei "in keiner Weise mit dem Aufsichtsrat des AOK-Bundesverbandes rückgekoppelt, geschweige denn abgestimmt", so Hansen. Die PKV sei unverzichtbarer im Gesundheitswesen.
Forderungen von Verbraucherschützern
An diesem Donnerstag (29. März) will der Bundesverband der Verbraucherzentralen mit Forderungen angesichts von Kostensteigerungen bei der PKV in die Öffentlichkeit gehen.
"Massive Tarifsteigerungen einiger privater Krankenversicherer zum Jahreswechsel haben etliche Versicherte in finanzielle Nöte geführt", meint der Verband.
"Zudem versuchen Versicherer, mit verschiedenen Taktiken die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten zur Beitragsentlastung und zum Tarifwechsel zu unterlaufen", so die Verbraucherzentralen.
Zuletzt hatte der CDU-Gesundheitsexperte im Bundestag, Jens Spahn, mit der Äußerung für Aufsehen gesorgt, er halte die Trennung von PKV und GKV für nicht mehr zeitgemäß.
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