Corona-Shutdown
Ärzte fordern: Praxen wieder fit machen
Auf Zustimmung trifft bei Ärztevertretern die politische Entscheidung, die Corona-Beschränkungen in Deutschland langsam zu lockern. Vermisst wird aber eine Exitstrategie für die Regelversorgung.
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Bund und Länder haben eine Reihe von Lockerungen der coronabedingten Beschränkungen in Deutschland beschlossen. Verkündet haben dies Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (l.), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (r.) und Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister von Hamburg.
© Bernd von Jutrczenka/dpa Pool/dpa
Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder haben die Zügel beim bundesweiten Corona-Shutdown nur leicht gelockert. Ab dem 20. April sollen Einzelhandelsgeschäfte bis zu 800 Quadratmetern wieder geöffnet werden können. Auch Buchhändler und Autohäuser können unabhängig von der Größe ihre Geschäfte wieder aufnehmen.
Trippelschritte Richtung Normalität
Coronamodus bleibt dem Land weiter erhalten
Der Schulbetrieb soll ab dem 4. Mai zunächst mit den Abschlussklassen wieder aufgenommen werden. Das Personal in den Kliniken habe es geschafft, dass das Gesundheitssystem durch die Herausforderungen der Coronakrise nicht überfordert worden sei, sagte Merkel.
Das sei allerdings ein „zerbrechlicher Zwischenerfolg“, der durch eine zu schnelle Lockerung der Einschränkungen des Alltags nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden dürfe.
Zentrale Herausforderung: Praxen wieder fit machen
Der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) begrüßt diese vorsichtige Lockerung der Kontaktbeschränkungen. Sie biete – bei gleichzeitigem Aufbau der Testkapazitäten – die Chance, weitere Kollateralschäden durch verschleppte Behandlungen anderer Erkrankungen zu verhindern.
Die Praxen von Haus- und Fachärzten wieder fit zu machen für diesen schrittweisen Exit sei nun allerdings die zentrale Herausforderung im Gesundheitswesen, sagte der BDL-Vorsitzende Dr. Andreas Bobrowski.
Auch MEDI-Chef Dr. Werner Baumgärtner stimmt der Exitstrategie der Regierung prinzipiell zu. Er fordert aber für die weiteren Schritte mehr Daten, Zahlen und Transparenz, wie etwa bundes- und landesweite Stichproben. „Die bisherigen Daten reichen nicht aus, um eine weitere Öffnung des öffentlichen Lebens verantwortungsvoll umzusetzen.“
Hauptkrankheitsgeschehen nicht COVID-19
KBV-Chef Dr. Andreas Gassen vermisst in den Bund-Länder-Vereinbarungen indes die von Bobrowski angedeuteten Aussagen zur Wiederaufnahme einer geordneten ärztlichen Versorgung. „Aus medizinischer Sicht ist das Hauptkrankheitsgeschehen nicht COVID-19“, sagte er in der Videopressekonferenz der KBV am Donnerstag.
Die Praxen seien leerer als zuvor, Krankenhäuser hätten Kurzarbeit angemeldet. „Die Welle ist aber ausgeblieben.“ Den Regelbetrieb länger einzustellen und darüber therapeutische Fenster in der Behandlung von Patienten zu versäumen, sei nicht tragbar.
Die Vertragsarztpraxen ständen für die Begleitung des Exits und die Trennung der Patientenströme bereit, betonte KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister. Die „dringende Empfehlung“ der Kanzlerin und der Minister zum Tragen von Gesichtsmasken bezeichnete er als eher symbolischen Akt. Vor Ansteckung schützten sie die Träger nicht.
Auch Politikern richtigen Umgang mit Masken vermitteln
Das sieht MEDI-Chef Baumgärtner anders: Wer eine Schutzmaske richtig trage, sei deutlich weniger ansteckend.
„Wir sind für eine Maskenpflicht in allen Bereichen, in denen Abstände nicht immer eingehalten werden können, wie zum Beispiel in Praxen oder Geschäften“, sagt Baumgärtner. „Der richtige Umgang mit den Masken sollte weiter öffentlich vermittelt werden. Selbst mancher Spitzenpolitiker hat da Schwierigkeiten.“ (af/reh)