Rheinland-Pfalz

Ärzte lassen sich nicht ins Gesundheitszentrum locken

Eine eigentlich interessante Idee sorgt im Eifelstädtchen Neuerburg gerade für Frust: Der christliche Träger eines Krankenhauses wollte nach der Schließung der Klinik dort ein Gesundheitszentrum etablieren. Doch die Ärzte blieben aus.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Idyllisches Städtchen: Neuerburg im Eifelkreis Bitburg/Prüm sucht Ärzte für ein Gesundheitszentrum.

Idyllisches Städtchen: Neuerburg im Eifelkreis Bitburg/Prüm sucht Ärzte für ein Gesundheitszentrum.

© Peter Hirth / dpa

NEUERBURG. Große Enttäuschung in der Eifel: Ein christlicher Träger, der ein ehemaliges Krankenhaus in Neuerburg (Eifelkreis Bitburg-Prüm) zu einem regionalen Gesundheitszentrum umbauen wollte, hat seine Pläne aufgegeben.

Das kirchliche Gesundheitsunternehmen Marienhaus GmbH hatte die Immobilie 2014 nach der Schließung der Klinik übernommen und dafür 1,5 Millionen Euro Schließungskosten vom Land Rheinland-Pfalz erhalten. Im Gegenzug investierte die Gesellschaft einen sechsstelligen Betrag in den Umbau des Gebäudes. Finanziell beteiligt sind an dem Projekt auch der Landkreis Bitburg-Prüm und die gesetzlichen Krankenkassen.

Das Gesundheitszentrum sollte langfristig die Versorgung in der dünn besiedelten Eifelregion sicherstellen. Es gelang jedoch nicht, Fachärzte an den ländlich geprägten Standort zu holen. "2014 haben wir uns schnell nach der Schließung mit der Verbandsgemeinde, der Stadt, dem Kreis, dem Ministerium und Ärzten aus der Region an einem runden Tisch getroffen und entschieden, dass wir aus der Klinik ein Gesundheitszentrum machen wollten", erinnert sich Heribert Frieling, Sprecher der Marienhaus GmbH. Schnell habe man allerdings feststellen müssen, dass die Zahl der Ärzte, die für eine Ansiedlung dort in Frage kommen, überschaubar sei. "Nach Neuerburg können Sie niemanden locken – man muss ein Faible für die Gegend haben oder selbst von dort stammen", so Frielings Erfahrung mit der sehr ländlich geprägten Region.

Einzugsgebiet mit 20.000 Menschen

Die Zusammenarbeit mit dem christlichen Träger war kein Experiment, sondern reicht bereits Jahrzehnte zurück. "Das Krankenhaus St. Josef war bereits seit 1980, 1981 per Vertrag an Marienhaus überlassen", erzählt Neuerburgs Bürgermeisterin Anna Kling (CDU). Vor gut einem Jahr sei der Vertrag dann um den Betrieb des Gesundheitszentrums ergänzt worden, mit einer Laufzeit von fünf Jahren.

Die Kommune, die selbst nicht an der Finanzierung des Umbaus beteiligt war, hatte große Hoffnungen, mit diesem Schachzug die Versorgung in der Kommune langfristig zu sichern. Neuerburg selbst hat nur 1500 Einwohner und ist mit drei niedergelassenen Hausärzten zumindest in dieser Sparte eigentlich gut aufgestellt – allerdings hat die Stadt als Mittelzentrum ein Einzugsgebiet von 20.000 Menschen.

Eigentlich gute Voraussetzungen für ein MVZ. Kling jedoch hatte, so sagt sie im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung", schon früh Zweifel, ob sich das Konzept der Marienhaus GmbH, die Ärzte anzustellen, betriebswirtschaftlich rechnen würde. Und genau so kam es dann auch: Lediglich ein Chirurg, der vorher mit eigenem Kassensitz im Krankenhaus war, ließ sich von der Marienhaus GmbH anwerben. Weitere Ärzte blieben jedoch aus, und auch die drei Hausärzte des Ortes konnten sich nicht dazu entscheiden, ins Gesundheitszentrum umzusiedeln.

Das Problem: Da der Vertrag mit Marienhaus lediglich auf fünf Jahre geschlossen wurde, fehlte eine sichere Zukunftsperspektive für potenzielle Interessenten. Das sieht auch Sprecher Frieling heute so: "Die Ärzte brauchen eine Sicherheit, die über fünf Jahre hinaus geht. Deshalb haben wir überlegt, ob dieses Betreibermodell die richtige Konzeption ist, und sind gemeinsam zu der Erkenntnis gekommen, dass man mit einem Mietmodell besser fährt."

Die Betonung liegt für ihn ganz klar auf "gemeinsam". Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) lud Kling im Januar 2017 zu einem Gespräch ein – auch, um zu eruieren, wie es weitergehen kann. Dabei habe die Marienhaus GmbH mit am Tisch gesessen, betont Frieling: "Da gab es keine Geheimniskrämerei!"

Die gute Nachricht: Ein neuer Betreiber ist bereits in Sicht: Ingo Jakschies, Geschäftsführer des Gesundheitscampus‘ Sauerland, den die Marienhaus GmbH bereits als Berater für den Standort Neuerburg eingesetzt hatte, könnte das gescheiterte Gesundheitszentrum übernehmen und mit Leben füllen. Die Stadt würde als Eigentümer fungieren, die Ärzte würden sich mit eigener Praxis als Mieter in der Immobilie niederlassen.Ein Konzept à la Büsum, bei dem die Kommune als Träger eines Ärztezentrums auftritt, kommt laut Landrat Dr. Joachim Streit (parteilos) nicht in Frage. Und auch Kling betont, dass die finanziell marode Situation ihrer Stadt eine solche Überlegung schlicht verbiete.

Wie gewinnt man Ärzte?

Nun müssen zunächst vertragliche Fragen mit der Marienhaus GmbH geklärt und Details einer Rückabwicklung festgelegt werden. Auch die Trägergesellschaft hat Interesse an einer schnellen und vor allem gütlichen Abwicklung, wie Frieling erklärt: "Es macht keinen Sinn, dass das noch lange vor sich hin köchelt." Die Stimmung sei nach wie vor freundlich, berichtet die Bürgermeisterin: "Ein Schulterschluss ist da." Anschließend soll ein Strategiekonzept ausgetüftelt werden, mit dem es gelingen kann, Ärzte zu gewinnen. "Wer sich hier niederlässt, kann selbst Akzente setzen und das neue Zentrum mit aufbauen", wirbt die Bürgermeisterin.

Dabei könnten auch KV-Förderungen aus dem Strukturfonds eine Rolle spielen. Im Eifelkreis Bitburg-Prüm sind aktuell Niederlassungen von Augenärzten, Gynäkologen, Dermatologen, HNO-Ärzten und Orthopäden förderfähig. Sie können aus dem Strukturfonds bis zu 60.000 Euro beantragen.

Die Techniker Krankenkasse (TK) Rheinland-Pfalz, die bei der Finanzierung mit im Boot sitzt, bedauerte die Entscheidung des Trägers, "die Segel zu streichen": "Wichtig ist nun, dass das Gesundheitszentrum erhalten bleibt. Denn grundsätzlich handelt es sich um ein gutes Modell zur Versorgung in der ländlichen Region", heißt es in einer Mitteilung. Es sei zu begrüßen, dass bereits aktiv nach einem neuen Betreiber gesucht werde: "Um allerdings Ärzte zu motivieren, sich in Neuerburg anzusiedeln, ist es wichtig, den Medizinern eine langfristige Zukunftsperspektive zu bieten."

1,5

Million

Euro zahlte das Land Rheinland-Pfalz an das kirchliche Gesundheitsunternehmen Marienhaus GmbH, um Schließungskosten des ehemaligen Krankenhauses St. Josef in Neuerburg zu decken.

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