Neues Modell als Alternative
Kliniken fordern Rücknahme der Personaluntergrenzen
Die Personaluntergrenzen für Pflege sorgen seit Monaten für Streit. Jetzt kommt Bewegung ins Spiel – auch weil ein Alternativkonzept allmählich Gestalt annimmt.
Veröffentlicht:Berlin. Im Streit um die Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhäusern deutet sich Bewegung an.
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, nannte das von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem Pflegerat und der Gewerkschaft Verdi vorgelegte Konzept für ein alternatives Personalbemessungsinstrument einen „beachtenswerten Vorschlag“.
„Wir warten händeringend darauf, zu erfahren, was genau dahinter steckt“, sagte Westerfellhaus beim 13. Nationalen Qualitätskongress Gesundheit am Donnerstag.
DKG-Präsident Dr. Gerald Gaß betonte, das von den drei Partnern vorgelegte Alternativmodell ziele „auf eine Personalbemessung für das gesamte Krankenhaus“ ab. Das Instrument orientiere sich auch nicht an Untergrenzen, „sondern an einer guten Personalausstattung“ in der Pflege. „Das wäre unser Weg.“
Dieser Weg müsse aber mit der „Rücknahme von detailgenauer Überwachung einhergehen, wie wir sie aktuell mit den Untergrenzen erleben“. Derzeit bekämen die Kliniken „Excel-Tabellen aus Berlin“ zugeschickt, in denen drin stehe, wie viel Pflegepersonal die Häuser in der Früh-, Spät- und Nachtschicht vorhalten müssten.
Laut DKG befindet sich das alternative Personalbemessungsinstrument derzeit in der Testung. „Da sind wir in den Endzügen“, sagte ein Sprecher der „Ärzte Zeitung“.
Personaluntergrenzen werden ausgeweitet
Die Personaluntergrenzen gelten seit Januar 2019. In einer Ersatzvornahme hatte das Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für vier als pflegesensitiv eingestufte Klinikbereiche – darunter Intensivmedizin und Kardiologie – Vorgaben festgelegt, wie viele Patienten eine Pflegekraft maximal versorgen darf.
2020 werden die Vorgaben ausgeweitet und verschärft. Erfüllen die Häuser die Personalvorgaben nicht, müssen sie Betten sperren. Laut einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts ist das auf Intensivstationen in 37 Prozent der Kliniken bereits der Fall. Das BMG sieht in den Untergrenzen dagegen einen Beitrag für mehr Patientensicherheit.
Westerfellhaus sagte, die Qualitätsdebatte dürfe sich nicht nur um Köpfe drehen. „Wir müssen auch an Prozesse ran.“ Diese ließen sich verbessern, wenn die Kompetenzen aller Gesundheitsberufe „stärker“ berücksichtigt würden.
In Deutschland diskutiere man aber leider nicht, „wer was am besten kann im Gesundheitsbereich, sondern in welchen Kästchen haben wir es in den letzten 50 Jahren gemacht“. Die Koalition wolle die „Neujustierung der Aufgaben der Gesundheitsberufe“ daher 2020 „auf einen ersten Weg setzen, damit wir alle Kompetenzen zum Einsatz bringen“.