Nach kurzfristigen Beratungen

Altersempfehlung für Corona-Impfstoff von AstraZeneca wird geändert

Zuerst durfte die Corona-Vakzine AZD1222 nicht an Ältere gegeben werden, jetzt sollen vor allem über 60-Jährige das Präparat nach einem Beschluss von Bund und Ländern erhalten. Vorausgegangen war eine entsprechende STIKO-Empfehlung.

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Drei vorbereitete Spritzen mit dem Corona-Impfstoff AstraZeneca.

Drei vorbereitete Spritzen mit dem Corona-Impfstoff AstraZeneca. Bund und Länder haben am Dienstagabend gemeinsam beraten, wie mit dem Impfstoff weiter vorgegangen werden soll.

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Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) haben am Dienstagabend kurzfristig mit den Gesundheitsministern der Länder über das weitere Vorgehen im Zusammenhang mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca beraten. Ergebnis der Runde: Das Präparat soll ab diesem Mittwoch in der Regel nur noch für Menschen ab 60 Jahren eingesetzt werden. Unter 60-Jährige sollen sich „nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung“ weiterhin damit impfen lassen können, wie es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Beschluss heißt. Die Länder sollen nun zudem schon 60- bis 69-Jährige für das Mittel von Astrazeneca mit in ihre Impfkampagnen einbeziehen können, wie die Gesundheitsminister beschlossen

Für die AstraZeneca-Vakzine hatte sich bereits am Nachmittag eine geänderte Altersempfehlung angedeutet. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hatte nämlich in einem Beschlussentwurf ebenfalls empfohlen, das Präparat nur noch Menschen über 60 Jahren zu impfen. Dieser Entwurf war denn auch die Basis für die politische Beratungsrunde.

Die STIKO erklärte ihrerseits in einer Pressemitteilung, man haben nach mehreren Beratungen auch unter Hinzuziehung externer Expert:innen und auf Basis der derzeit verfügbaren Daten zum Auftreten seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen diese Entscheidung getroffen. Die Verabschiedung des TIKO-Beschlusses ist für Donnerstag, den 1.April vorgesehen. Hinsichtlich der Frage zur Verabreichung der zweiten Impfstoffdosis für jüngere Personen, die bereits eine erste Dosis der Vakzine erhalten hätten, werde die STIKO bis Ende April eine ergänzende Empfehlung abgeben, heißt es weiter.

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Vor allem Frauen von Hirnvenenthrombosen betroffen

Hintergrund der Diskussionen sind Hirnvenenthrombosen, die zuletzt im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen aufgetreten waren, vorwiegend bei Frauen unter 55. Dazu heißt es in dem Beschlussentwurf: „Obwohl deutlich mehr Frauen betroffen waren, schränkt die STIKO vorsorglich ihre Empfehlung beide Geschlechter ein.“

In Deutschland sind bislang 31 Verdachtsfälle einer Sinusvenenthrombose nach Impfung mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca bekannt. Das berichtete das Paul-Ehrlich-Institut am Dienstag. Bis Montagmittag (29. März) waren dem Institut 31 Fälle gemeldet worden, in 19 Fällen wurde zusätzlich eine Thrombozytopenie gemeldet. In neun Fällen war der Ausgang tödlich, wie das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige Institut in Langen berichtete.

Mit Ausnahme von zwei Fällen betrafen laut PEI alle Meldungen Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die beiden Männer waren 36 und 57 Jahre alt. Laut Impfquotenmonitoring des Robert-Koch-Instituts wurden bis einschließlich Montag 2,7 Millionen Erstdosen und 767 Zweitdosen von AstraZeneca verimpft.

Leiter von Unikliniken wenden sich an Gesundheitsminister

Die Lage hatte sich im Laufe des Dienstags zugespitzt. Berlin und Brandenburg hatten die Impfungen für unter 60-Jährige ausgesetzt. Zudem hatten sich die Leiter von fünf der sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen in einem gemeinsamen Brief an den Bundes- und Landesgesundheitsminister für den vorläufigen Stopp von Impfungen jüngerer Frauen mit dem Wirkstoff von AstraZeneca ausgesprochen. Das Risiko von weiteren Todesfällen sei zu hoch, heißt es in dem Schreiben.

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In dem zweiseitigen Brief, der von den Ärztlichen Direktoren der fünf Kliniken unterzeichnet wurde, wird Bezug auf die bislang bekannten Verdachtsfälle von Thrombosen nach AstraZeneca-Impfungen genommen. Die Experten stellen dann die Todesfälle durch COVID-19 bei 20- bis 29-jährigen Frauen den potenziellen lebensbedrohlichen Impfkomplikationen in der gleichen Altersgruppe gegenüber.

Demnach würden – bei gleich bleibendem Infektionsgeschehen und Impfungen jenseits von AstraZeneca – statistisch zehn Frauen zwischen 20 und 29 an Corona sterben. Bei 75 könnte aber theoretisch eine lebensbedrohliche Impfkomplikation auftreten, so die Rechnung der Klinik-Chefs.

„Ungünstiges Nutzen-Risiko-Profil“

„Zusammenfassend muss man feststellen, dass am Beispiel der Gruppe der 20- bis 29-jährigen Frauen nach jetzigem Erkenntnisstand ein äußerst ungünstiges Nutzen-Risiko-Profil für den Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffes vorliegt“, so die Uniklinik-Chefs in ihrem Brief. „Im Lichte dieser Überlegungen erscheint uns der Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffs bei jüngeren Frauen gegenwärtig nicht gerechtfertigt“, schreiben die Experten. Es bestehe daher „dringender Bedarf“, eine neue Impfempfehlung abzuleiten.

Deutschland – und zahlreiche andere Staaten – hatten die Impfung mit dem AstraZeneca-Stoff im März vorübergehend ausgesetzt, weil mehrere Fälle mit Thrombosen in den Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zur Impfung gemeldet wurden. Mittlerweile wird der Impfstoff wieder verabreicht. Die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema hatte die Sicherheit des Vakzins bekräftigt, auch die Ständige Impfkommission in Deutschland hatte sich für einen weiteren Einsatz den Mittels ausgesprochen. (dpa)

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