Übergangsregelung
„Ampel“ will bei epidemischer Lage auf Stopp schalten
SPD, Grünen und FDP wollen die Pandemie-Notlage zum 25. November beenden. Ganz aufgeben will man die Schutzmaßnahmen im Kampf gegen Corona aber nicht.
Veröffentlicht:Berlin/München. Obwohl die „Ampel“ im Bund noch nicht blinkt, schlagen SPD, Grüne und FDP bereits erste politische Pflöcke ein: So soll die wegen der Coronavirus-Pandemie seit März 2020 geltende „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ zum 25. November auslaufen. Anschließend soll eine Übergangsregelung greifen – und zwar bis Ende März 2022.
Mit diesem Konzept sei klar, dass der 14-Punkte-Katalog des Paragrafen 28a Absatz 1 im Infektionsschutzgesetz mit dem 25. November „Rechtsgeschichte sein wird“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Dr. Marco Buschmann, am Mittwoch in Berlin. Die im Paragraf 28a aufgeführten Maßnahmen könnten dann nicht mehr bundesweit angewendet werden.
„Weniger eingriffsintensive Maßnahmen“
Der Passus, wonach die Bundesländer die Corona-Maßnahmen auch nach Beendigung der epidemischen Lage auf unbestimmte Zeit fortführen können, werde ebenfalls aus dem Gesetz gestrichen, stellte Buschmann klar. „Wir werden jetzt einen überschaubaren Katalog niedrigschwelliger und auch wenig eingriffsintensiver Maßnahmen zur Verfügung stellen.“
Dieser Katalog solle klar befristet sein, so Buschmann. „Es gibt ein absolutes Ende aller Maßnahmen, und alle Maßnahmen enden spätestens mit dem Frühlingsbeginn am 20. März 2022.“
Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion Katrin Göring-Eckardt sagte, mit der Übergangslösung lege man den Ländern einen „Instrumentenkasten auf den Tisch“, den diese „je nach Infektionsgeschehen“ nutzen könnten. Dazu zählten Abstandsgebote, Maskenpflicht oder Hygienekonzepte an Schulen und Kitas. „Es geht darum, dass wir weiter Schutz benötigen.“
Das gelte vor allem für diejenigen, die bislang nicht gegen COVID-19 geimpft werden könnten, etwa Kinder unter 12 Jahren. Schulen und Kitas oder Geschäfte sollten aber nicht wieder „pauschal“ geschlossen werden, sagte die Grünen-Politikerin.
„25. November kein Freedom-Day“
„Schulschließungen, Lockdowns und Ausgangssperren wird es mit uns nicht mehr geben, und sie sind auch in der aktuellen Situation unverhältnismäßig“, betonte auch SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. Gleichwohl werde der 25. November kein Freedom-Day sein. „Wir wollen verantwortungsvoll durch den Herbst und Winter gehen, damit wir COVID-19 im Frühling hinter uns haben.“
Nach Vorstellungen der drei Parteien soll der Bundestag im November ein Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschließen. Danach solle die Länderkammer in einer Sondersitzung zusammenkommen.
Die Ministerpräsidentenkonferenz hatte zuletzt auf eine Fortsetzung der epidemischen Lage gedrungen. Zuletzt war diese im August um drei Monate verlängert worden. Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich hingegen dafür ausgesprochen, die Pandemienotlage auslaufen zu lassen.
Spahn wie die Unionsfraktion seien eingeladen, den Gesetzentwurf mitzutragen, betonte FDP-Politiker Buschmann. Sorgen von Intensivmedizinern und Pflegekräften, ein Ende der epidemischen Lage könne als falsches Signal verstanden werden, nehme man ernst. „Aber, wir reden hier über Fragen der Gewaltenteilung, wir reden hier über Fragen der Bürger- und Grundrechte, und die müssen wir von der objektiven Lage abhängig machen.“
Andere Situation als im August
SPD-Politiker Wiese erklärte, aktuell stiegen Infektions- und Hospitalisierungsrate zwar wieder. „Trotzdem stellt sich die Situation anders dar als im August.“ So nehme der Anteil vollständig geimpfter Menschen weiter zu. Die Impfung schütze vor einer Infektion und schwerem Krankheitsverlauf.
Aus Erfahrungen wisse man zudem, dass das deutsche Gesundheitssystem auch mit steigenden Erkrankungszahlen zurechtkommen kann. Eine „ernste Gefahr für die öffentliche Gesundheit“ im ganzen Bundesgebiet bestehe „nicht fort“. Dies wäre aber Voraussetzung für eine Verlängerung der epidemischen Lage.
Holetschek: Handlungsmöglichkeiten werden geringer
Kritik an den Plänen äußerte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Es sei nicht sinnvoll, die Landtage in ihrem Recht zu beschneiden, „selbst über eine epidemische Lage in ihrem Land zu entscheiden“, sagte Holetschek am Mittwoch in München.
Damit schränke die „Ampel“ die Flexibilität der Länder ein. „Die Handlungsmöglichkeiten der Länder werden weniger“, warnte Holetschek, der auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) ist. Niemand wisse zudem, ob die Pandemie Ende März 2022 zu Ende sei. Die Lage bleibe „unberechenbar“.