Kommentar zur Intensivpflege
An dem Eisen könnte sich Spahn verbrennen
Viele Akteure, viele unterschiedliche Patienten: Außerklinische Intensivpflege ist komplex. Minister Spahn wagt sich dennoch dran.
Veröffentlicht:Gesundheitsminister Jens Spahn ist bekannt dafür, dass er gerne heiße Eisen anpackt. Die Reform der außerklinischen Intensivpflege gehört zweifelsfrei in diese Kategorie. Das Thema ist komplex, weshalb sich Spahn leicht dran verbrennen kann.
Der vom Kabinett kürzlich beschlossene Entwurf für ein „Gesetz zur Stärkung der intensivpflegerischen Versorgung und Rehabilitation in der GKV“ fasst den Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege neu. Diese soll den Plänen zufolge künftig nur von „besonders qualifizierten Ärztinnen und Ärzten“ verordnet werden dürfen.
Da tut sich bereits ein erstes Problem auf. Die im Bereich der Beatmungsmedizin besonders qualifizierten Mediziner sind überwiegend klinisch tätig. Vom ambulanten Versorgungsalltag sind diese Ärzte – vorsichtig gesprochen – weit entfernt.
Wenn es Intensiv-Pflegebedürftigen auch künftig möglich sein soll, trotz Beatmung ein selbstbestimmtes Leben auch in der Häuslichkeit führen zu können, dann müssen gerade die Versorgungsstrukturen jenseits der Krankenhauspforten funktionieren. Und das tun sie eben bisweilen nicht. Die Folge ist, dass viele der Patienten ihr Dasein in spezialisierten Heimen oder sogenannten Beatmungs-WGs fristen.
Klar: Die Versorgung dort ist nicht per se schlecht. Doch „Beatmungspflichtige“ – was für ein schlimmes Wort – definieren Selbstbestimmung und Teilhabe oft anders.
Das in Berlin und Brandenburg seit sechs Jahren praktizierte Projekt der „Praxis für außerklinische Beatmung“ zeigt für sie einen interessanten Weg auf. Die Initiatoren verweisen darauf, dass die Zahl der zuhause betreuten Menschen im Projekt gestiegen ist. Die Voraussetzungen dafür hat man mit einem Netzwerk aus Ärzten, Pflegediensten, Therapeuten und einem festen Ansprechpartner für die beteiligten Hausärzte geschaffen.
In Spahns Entwurf ist von der Idee des Case-Managements bislang wenig zu finden. Aber das muss ja nicht so bleiben.