Neues Arzneiversorgungsmodell

"Armin" legt im Juli los

Über fünf Medikamente am Tag - da blickt nicht mehr jeder Patient durch. Für mehr Klarheit soll ein neues Arzneiverordnungsmodell sorgen, das im Juli in Sachsen und Thüringen startet. Dabei wählt nicht mehr der Arzt das Medikament aus - sondern der Apotheker.

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Beim "Armin"-Modell wählen die Apotheker das Medikament aus, nachdem die Ärzte nur den Wirkstoff verschrieben haben.

Beim "Armin"-Modell wählen die Apotheker das Medikament aus, nachdem die Ärzte nur den Wirkstoff verschrieben haben.

© Klaus Rose

BERLIN. Mit mehreren Millionen Euro unterstützt die AOK plus in Sachsen und Thüringen für vorerst fünf Jahre die Arzneimittelinitiative "Armin" von Kassenärztlichen Vereinigungen und Apothekerverbänden.

Ärzte, die sich der Initiative gegen die Folgen schädlicher Polymedikation chronisch kranker und älterer Patienten anschließen, können davon profitieren.

Die Beratung der Patienten bei der Einschreibung entgelte die Kasse mit 94,50 Euro, sagte AOK plus-Chef Rainer Striebel bei der Vorstellung des Projektes am Donnerstag in Berlin. In der Folge fließe dann ein Honorar von 21 Euro je Patient und Quartal, so Striebel.

Die Kosten von 1500 Euro für die Anbindung der Praxissoftware an die von Ärzten und Apothekern gemeinsam genutzte, netzbasierte Plattform und deren Einbindung in das KV-Safe-Net übernimmt die AOK plus ebenfalls.

Dieser Betrag gelte für diejenigen, die von Anfang an dabei seien, sagte Striebel. Wer später einsteige, müsse mit Abschlägen rechnen.

Die Kasse will mit dem Modell ausloten, ob sich durch das Arzneimanagement Einsparungen erzielen lassen, zum Beispiel durch weniger Krankenhauseinweisungen.

Katalog von 188 Wirkstoffen

Bei "Armin" handelt es sich um die Umsetzung des vor drei Jahren aufgelegten KBV/ABDA-Modells. Dafür wurde im Versorgungsstrukturgesetz 2012 die Möglichkeit für regionale Testläufe eröffnet. Das Modell besteht aus den drei Modulen Wirkstoffverordnung, Medikationskatalog und Medikationsmanagement.

Zum Start des Modells können die teilnehmenden Ärzte auf einen Katalog von 188 Wirkstoffen zurückgreifen, aus denen sie verordnen können. Die konkreten Medikamente sucht dann der teilnehmende Apotheker aus.

"Kompetenz und Therapiefreiheit der Ärzte werden durch den Wirkstoffkatalog nicht eingeschränkt", betonte Hausärztin Dr. Annette Rommel, die der KV Thüringen vorsteht.

Ein Vorteil: Die Verordnungen aus dieser Liste sollen nicht budgetwirksam werden. Für KBV-Vorstand Regina Feldmann ist das Modell sogar mit der Perspektive einer Abschaffung der Richtgrößen verbunden.

Der KV-Chef aus Sachsen, Dr. Klaus Heckemann, sieht klare Vorteile darin, dass Ärzte durch die Zusammenarbeit mit dem Apotheker eine genaue Übersicht über die Medikamente erhielten, die sich der Patient entweder selbst kaufe oder die er von anderen Kollegen verordnet bekomme. Die auf die Patienten zugeschnittenen Medikationspläne sollten dazu beitragen

Kritisch stehen dem Projekt Vertreter des Sächsischen Hausärzteverbandes gegenüber. Es bringe mehr Bürokratie mit sich und beschränke die Therapiefreiheit, heißt es. (af)

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Kommentare
Prof. Dr. Hans Meffert 28.03.201409:25 Uhr

Katalog mit 188 Wirkstoffen

Mit Freude habe ich gelesen, dass ein Katalog mit 188 Wirkstoffen existiert. Das ist ein wesentlicher Fortschritt, der nicht nur den Apothekern und deren Mitarbeiter/innen in Thüringen und Sachsen vorbehalten bleiben sollte. Wo und zu welchen Bedingungen können approbierte Ärzte diesen Katalog erwerben?
Freundliche Grüße
von Prof. Dr. med. Hans Meffert, Hautarzt

PD Dr. Hans-Robert Böhme 28.03.201407:32 Uhr

Armin - unwissenschaftliche politische Pharmakologie

s. www.drboehmeklipha.com Informationen für Fachkreise S.5
s. www.facharzt.de Interview vom 27.03.14

in summa Politische Pharmakologie zum Schaden eines ganzen Volkes !

Dr. Thomas Georg Schätzler 27.03.201418:05 Uhr

"Armin" ist kontraproduktiv!

Fünf Medikamente, haus- und fachärztlicherseits morbiditätsadaptiert, leitlininiengerecht und evidenzbasiert für GKV-Patienten persönlich verordnet, bedeuten für unsere oft verunsicherten und bio-psycho-sozial eingeschränkten Kranken je nach Marktlage bis zu z w a n z i g verschiedene Verpackungen, Logos, Tabletten-Formen und -Farben, Herstellernamen oder Reimporte aus EU-Ländern in einem e i n z i g e n Behandlungsjahr.

Denn die Apotheken können o h n e Arztrücksprache in Eigenregie willkürlich i r g e n d e i n zu der Wirkstoffverordnung des Arztes halbwegs passendes Billig-Präparat heraussuchen, um ein fiktives Einsparpotenzial zu erreichen.

Das ist m. E. ein unverantwortliches "Medikations-Destabilisations-Management", e r h ö h t Arzneimittelrisiken durch Verringerung von Compliance und Adhärenz bei Patientinnen und Patienten auf der beratungsfernen pharmazeutischen Suche nach tagesaktuellen Medikamenten-Höchstrabatten.

Bei dieser Verunsicherung landen Generika-Präparate reihenweise auf dem Müll, werden nicht eingenommen oder müssen kostentreibend mehrfach verordnet werden. Vgl. auf "Schätzlers Schafott" vom 29.1.2013 ABDA-KBV-Eckpunkte sind eher geblisterte Knackpunkte
und vom 20.9.2013 ABDA-KBV-Modell - Woche der Wiederbelebung?
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z. Zt. Mauterndorf/A)

Dr. Birgit Bauer 27.03.201418:03 Uhr

Diktatur der Krankenkassen!

Ich frage mich, wann unsere Berufsvertretung endlich der immer weitergehenden ärztlichen Entmündigung und Beschneidung der Therapiefreiheit Einhalt gebietet.
Es ist eine Schande, wofür gesetzlich erzwungene Beitragsgelder so ausgegeben werden.
Wer übernimmt bei diesem patientenfernen Versuchsballon die Haftung für die Behandlungssicherheit ?
Wäre es nicht viel sinnvoller uns Ärzten wieder die Zeit für gründliche Patientengespräche zu geben, damit auch mehr Direktkommunikation unter den Behandlern erfolgen kann. Bei Einweisung ins Krankenhaus ist der Pat. sowieso dem Zufall ausgeliefert was da gerade an Medikamenten gelistet ist und nach der Entlassung geht die Bekämpfung von NW wieder von vorn los.
Aber unsere politisch Verantwortlichen faseln immer noch vom guten Gesundheitswesen in Deutschland.
Es wäre mehr als überfällig aus diesem Wunschdenken aufzuwachen.
Da wird wieder an der völlig überflüssigen Kassenstruktur rumgewerkelt und der Pat. wird immer weiter als Ware vermarktet.
Tolles System, mit verantwortlicher Medizin hat das alles wirklich nichts mehr zu tun.
Einen schönen Abend und gute Nacht B.Bauer

Karl-Georg Vaith 27.03.201415:41 Uhr

Mehr Bürokratie - weniger Therapiefreiheit

Vergleichen sie mal die Gerinnungshemmer innerhalb der Preissituation:

1 x Marcumar 3,o mg ca. 0,22 Euro pro die

2 x Pradaxa 150 mg: ca.- 3,50 Euro pro die
1 x Xarelto20 mg: ca. 3,50 Euro pro die
2 x Eliquis 5 mg: ca. 3,50 Euro pro die

Also wenn wir da unser Budget betrachten können sie sich vorstellen, welches Produkt bevorzugt wird !

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