Frühe Nutzenbewertung
Arzneimittel: IQWiG für Nutzung von Registerdaten
Das IQWiG hat einen Report zur frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel vorgelegt. Darin plädiert das Institut zwar für die Nutzung von Registerdaten, eine andere Datenquelle wird hingegen abgelehnt.
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Bei qualitativ hochwertigen Patientenregistern soll es möglich sein, Studien auf diese Register aufzusetzen, heißt es im IQWiG-Report.
© IQWiG
Berlin. Daten aus Registern können künftig in die frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln (AMNOG) einfließen. Das geht aus einem Report hervor, den das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) am Vormittag vorgelegt hat. Das IQWiG sei zu der Auffassung gelangt, „dass es bei qualitativ hochwertigen Patientenregistern möglich ist, Studien auf diese Register aufzusetzen und die erhobenen versorgungsnahen Daten für die erweiterte Nutzenbewertung von Arzneimitteln zu verwenden“, fasste Institutsleiter Jürgen Windeler das Ergebnis zusammen.
Für die Daten aus Registern hat das IQWiG die Tür vorerst aber nur einen Spalt weit geöffnet. Ob existierende Patientenregister bereits heute für die anwendungsbegleitende Datenerhebung in der frühen Nutzenbewertung geeignet seien, könne pauschal derzeit nicht beantwortet werden, heißt es beim IQWiG. Mit dem Report will das Kölner Institut den Registerbetreibern zunächst eine Anleitung geben, wie versorgungsnahe Datenerhebung in Registern für die Nutzenbewertung von Arzneimitteln „perspektivisch verwendbar gemacht werden“ könne.
Auf keinen Fall in die Wirkstoffnutzenbewertung einfließen sollten nach Auffassung der IQWiG-Autoren jedoch Versorgungsdaten aus elektronischen Patientenakten und Abrechnungsdaten der Krankenkassen. Deren Qualität sei nicht ausreichend, was sich auch kurz- oder mittelfristig nicht heilen lasse, so der Report.
Hecken: Keine „Nutzenbewertung light“
Derart kategorisch will man beim Gemeinsamen Bundesausschuss nicht urteilen. „Inwiefern der GBA bei der Begutachtung von Registerstudien und der Registerlandschaft alle Qualitätskriterien gleichermaßen streng beurteilen wird, ist sicherlich vom konkreten Fall abhängig“, sagte der Unparteische Vorsitzende des GBA Professor Josef Hecken der „Ärzte Zeitung“ am Freitagnachmittag. Derzeit seien andere routinemäßig erhobene Daten noch zu unzureichend, um qualitativ gute Auswertungen zu ermöglichen. „Das kann sich jedoch mit der Zeit ändern“, sagte Hecken. Eines müsse allen klar sein. „Anwendungsbegleitende Datenerhebungen führen nicht unmittelbar zu einer Nutzenbewertung light, sondern müssen auch ein Mindestmaß an Qualität erfüllen“, betonte der GBA-Vorsitzende.
Industrie würde Versorgungsdaten gerne nutzen
In der pharmazeutischen Industrie wurde der Bericht mit gemischten Gefühlen aufgenommen. „Das IQWiG kann mit seinem Vorschlag seine bekannten Vorbehalte gegen die Nutzung von Versorgungsdaten nicht überwinden“, hieß es in einer ersten Reaktion beim Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) in Berlin. Schließe sich der Gemeinsame Bundesausschuss dem IQWiG-Vorschlag an, würden Versorgungsdaten künftig kaum in die Zusatznutzenbewertung einfließen können, sagte Dr. Markus Frick, Geschäftsführer Markt und Erstattung beim vfa.
Genau auf die Erschließung der Daten aus Patientenakten und die Abrechnungsdaten der Kassen richteten sich die Hoffnungen auf Qualitäts- und Evidenzverbesserungen im Gesundheitswesen, betonte Frick. Könnten die Versorgungsdaten (real world evidence) nicht genutzt werden, kopple Deutschland sich vom medizinischen Fortschritt ab. „Denn dann wird hier buchstäblich nicht gesehen, was anderenorts klar erkannt werden kann“, sagte Frick.
Anleitung für Registerbetreiber
Zum Hintergrund: Das 2019 verabschiedete Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) sieht vor, dass bei bestimmten Arzneimitteln künftig Versorgungsdaten in die Zusatznutzenbewertung einfließen können. Bei bestimmten Arzneimitteln, zum Beispiel solchen zur Behandlung seltener Krankheiten, kann der Gemeinsame Bundesausschuss vom pharmazeutischen Unternehmer verlangen Versorgungsdaten zu erheben. Der Bundesausschuss hat das IQWiG im Mai 2019 beauftragt, den nun vorliegenden Rapid Report zu erstellen. Der GBA muss den heute vorgelegten Empfehlungen nicht folgen.