Barmer

Arztvorbehalt für App-Einsatz umstritten

Ärzte warnen vor einem unreflektierten Einsatz von Gesundheits-Apps in der Versorgung. Ein Kassen-Chef sieht aber genau darin eine wichtige Ergänzung.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Gesundheitsversorgung per Smartphone? Dieser Trend entwickelt zunehmend Dynamik.

Gesundheitsversorgung per Smartphone? Dieser Trend entwickelt zunehmend Dynamik.

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BERLIN. Im Vorfeld der parlamentarischen Beratungen zum Digitale Versorgungsgesetz (DVG) bringen sich Ärzte und Krankenkassen vorsorglich in Stellung. Die geplanten Apps auf Kassenkosten sorgen für Diskussionen.

Nervenärzte und Psychotherapeuten haben in dieser Woche vor zuviel Laissez-faire bei der Einführung digitaler Gesundheitsanwendungen gewarnt.

„Zum Schutz der Patienten muss sichergestellt sein, dass Gesundheits-Apps den medizinisch-therapeutischen Behandlungsplan ergänzen und geregelten evidenzbasierten Qualitätskritierien entsprechen“, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.

Die Verbände wehren sich gegen Pläne von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), den Einsatz von digitalen Gesundheitsanwendungen ohne Verordnung durch einen Arzt oder Psychotherapeuten zu ermöglichen.

„Auf Kosten der Solidargemeinschaft darf es keine Wirtschaftsförderung geben“, heißt es in dem Papier. Dass Ärzte und Psychotherapeuten künftig Apps verordnen dürfen, stößt bei den Fachgesellschaften jedoch auf Zustimmung.

Digitale Anwendungen zügig in die Versorgung

Erklärtes Ziel der großen Koalition ist es, digitale Anwendungen „zügig in die Versorgung zu bringen“. So steht es im Kabinettsentwurf, der nun in die parlamentarischen Beratungen gehen wird.

Einen Leistungsanspruch der Versicherten auf alle digitalen Anwendungen lehnt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) allerdings ab. Der Anspruch sollte sich ausschließlich auf ärztlich geführte, therapieunterstützende beziehungsweise –begleitende Anwendungen beziehen, heißt es in der Stellungnahme der KBV zum Gesetzentwurf.

Schützenhilfe erhalten die Ärzte an dieser Stelle vom Bundesversicherungsamt (BVA), das gerade in der digitalen Versorgung bei psychischen Belastungen einen Arztvorbehalt reklamiert.

Kritik daran kommt von Kassenseite: „Das BVA war nicht immer bereit, den Schwung, den die Bundesregierung in ihrer digitalen Agenda aufgenommen hatte, mitzunehmen und uns in gleicher Höflichkeit und Offenheit darin zu unterstützen, diese Innovationen in Richtung der Versicherten auf den Weg zu bringen“, sagte Barmer-Chef Professor Christoph Straub am Mittwoch in Berlin.

Straub: Arztvorbehalt nicht stichhaltig

Für Straub, selbst Arzt, ist der Arztvorbehalt nicht stichhaltig. Bei der Validierung von Apps sei festgestellt worden, dass es Patientengruppen gebe, die nicht zum Arzt oder Psychotherapeuten gingen, wohl aber Online-Produkte nutzten.

„Dann ist es schwierig zusagen: Ihr dürft das machen, aber nur, wenn das traditionelle System vorab eine Diagnose erstellt“, sagte der Vorstandsvorsitzende der zweitgrößten Krankenkasse im Land. So erreiche man nicht das, was die digitale Welt möglich mache, nämlich eine Zielgruppe, die eben andere Angebote nutzen möchte.

Die politische Auseinandersetzung um das Digitalisierungsgesetz lässt den Prozess der Digitalisierung derweil nicht ruhen. Die Barmer hat am Mittwoch einen Krankengeld-Tracker vorgestellt, der den Versicherten ab dem Spätjahr zur Verfügung stehen soll. Die Frage, wann das Krankengeld auf dem Konto eingehe, zähle zu den „zeitsensibelsten Leistungen“ überhaupt, sagte Straub.

Blick auf Bearbeitungsstand

Die App gewährt dem Versicherten unter anderem Einblick in den internen Bearbeitungsstand des Krankengeldantrags. Die Philosophie dahinter zielt darauf, aus dem unermesslich breiten Markt“ sinnvolle Produkte herauszufiltern und sie den Versicherten zugänglich zu machen.

„Nur dann werden die Versicherten sagen, die Barmer funktioniert jetzt wie eine Plattform, wo ich Flüge buche, Hotels buche oder etwas bestelle“, sagte Straub.

Nachdem von 158.000 Erstantragstellern auf Pflegeleistungen im Jahr rund 130.000 sich bei der Barmer melden und um Hilfe beim Ausfüllen des 14-seitigen Antrags bitten, hat die Barmer ein elektronisches Formular zur Verfügung gestellt, das sich nach Angaben der zuständigen Abteilungsleiterin Dr. Regina Vetters in wenigen Minuten ausfüllen lasse.

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