Reiserückkehrer

BÄK-Chef Reinhardt: Polizei muss Corona-Quarantäne überwachen

Wer soll die Anti-Corona-Verschärfungen durchsetzen? Deutschlands Ärzte haben da eine klare Meinung. Bei den Gesundheitsämtern soll diese Aufgabe jedenfalls nicht auch noch abgeladen werden.

Von Basil Wegener Veröffentlicht:
Dr. Klaus Reinhardt fordert, dass die Polizei die Quarantäneregeln überwachen soll – keinesfalls die Gesundheitsämter.

Dr. Klaus Reinhardt fordert, dass die Polizei die Quarantäneregeln überwachen soll – keinesfalls die Gesundheitsämter.

© Wolfgang Kumm/dpa

Berlin. Reiserückkehrer aus Corona-Risikogebieten sollen nach dem Willen von Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, bei ihrer häuslichen Quarantäne durch Polizei oder Ordnungsämter überwacht werden.

„Die Amtsärzte sind voll damit ausgelastet, Infektionsketten nachzuverfolgen und Quarantänemaßnahmen einzuleiten“, sagte Reinhardt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Die Überwachung und die Sanktionierung dieser Maßnahmen müssen andere übernehmen, zum Beispiel Polizei und Ordnungsämter.“

Bund und Länder hatten am Donnerstag festgestellt, dass sich Rückkehrer aus Risikogebieten unverzüglich in die eigene Wohnung für eine 14-tägige Quarantäne zu begeben haben. Möglichst ab dem 1. Oktober soll die Selbstisolation vorzeitig beendet werden können – durch einen negativen Test frühestens ab dem fünften Tag nach der Rückkehr.

Föderaler Flickenteppich verwirrt Menschen

Reinhardt begrüßte, dass Bund und Länder ihren Anti-Corona-Kurs teils vereinheitlichten. „Sonst droht ein föderaler Flickenteppich, der die Menschen verwirrt“, sagte er.

„Es trägt auch nicht zur Akzeptanz der Präventionsmaßnahmen bei, dass sich Meldestrukturen und Quarantänebestimmungen der Gesundheitsämter teilweise sogar von Kommune zu Kommune unterscheiden“, kritisierte der Ärztepräsident. „Wir brauchen bundesweit viel stärker aufeinander abgestimmte und konzertierte Entscheidungs- und Informationsstrukturen im öffentlichen Gesundheitsdienst.“

Gesundheitsämter schneller stärken

Zögerlichkeit warf Reinhardt Bund und Ländern bei der angekündigten Stärkung der Gesundheitsämter vor: „Wir hätten uns gewünscht, dass sich Bund und Länder intensiver mit der Umsetzung des sogenannten Paktes für den öffentlichen Gesundheitsdienst beschäftigt hätten.“ Dieser Pakt wird derzeit von Bund und Ländern erarbeitet. Eine Konferenz bei Merkel am 8. September soll hier nächste Schritte einleiten.

„Deutschland erlebt die größte Gesundheits- und Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte, und in vielen Gesundheitsämtern muss immer noch analog statt digital gearbeitet werden“, kritisierte Reinhardt. „Und dass, obwohl die Pandemie ein hoch dynamisches Geschehen ist. Das muss sich ändern, und zwar sofort.“

Vermehrt auf Schnelltests setzen

Reinhardt begrüßte das beschlossene befristete Verbot für bestimmte Großveranstaltungen. „Öffentliche und private Großveranstaltungen können schnell zu Infektionsherden werden“, sagte er. „Bevor wir Schulschließungen oder sogar einen erneuten wirtschaftlichen Lockdown riskieren, sollten wir größere soziale Zusammenkünfte begrenzen“, so Reinhardt. „Im Moment ist einfach nicht die Zeit für Jahrmärkte und Schützenfeste.“

Das von Bund und Ländern angekündigte Ende der Kostenübernahme für freiwillige Tests von Reiserückkehrern aus Nicht-Risikogebieten sei angesichts der endlichen Ressourcen richtig und notwendig. „Die Teststrategie von Bund und Ländern sollte darüber hinaus neben anlassbezogenen Testungen auch vermehrt auf Schnelltests setzen“, bekräftigte Reinhardt.

Diese Tests lieferten bereits nach etwa einer Stunde ein Ergebnis. „Ärzte können Patienten direkt in den Praxen oder in Teststationen beraten und entsprechenden Quarantänemaßnahmen veranlassen.“ (dpa)

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

KV bittet Patienten um Geduld

In Brandenburg braucht der ePA-Rollout mehr Zeit

Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Dr. Karlheinz Bayer 30.08.202011:39 Uhr

Deutschlands Ärzte haben da eine klare Meinung?
Das glaub ich nicht!
„Die Amtsärzte sind voll damit ausgelastet, die Sanktionierung müssen andere übernehmen, zum Beispiel Polizei und Ordnungsämter“ - das ist Reinhardts Meinung. Meine nicht. Überwachen? Sanktionieren?
Wo leben wir denn?
Es ist schlimm genug, daß die Herren Spahn und Lauterbach sich gegenseitig überbieten in Sachen Kontrolle. Laut Politzbarometer des ZDF, vom selben Tag wie Reinhardts Post übrigens, wollen 48 % der bevölkerung eine Masken am Arbeitsplatz und sogar 58 % lehnen Masken in den Schulen ab.
Ich denke, hoffe und wünsche, daß sich das Meinungsbild unter uns Ärzten davon nicht unterscheidet.
Ist es denn wirklich nötig, daß der oberste Arzt der Republik sich derart einseitig äußert?
Wäre es nicht wesentlich besser, Reinhardt würde darauf hinweisen, daß eine gewisse ratlosigkeit herrscht und ein tiefer Riss durch die Bevölkerung geht?

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Symposium der Paul-Martini-Stiftung

COVID-19 akut: Früher Therapiestart effektiv

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?

Lesetipps
Im Jahr 2023 wurden 10,8 Millionen Neuerkrankungen und 1,25 Millionen Todesfälle durch Tuberkulose registriert, mit stark heterogener globaler Verteilung.

© Dr_Microbe/stock.adobe.com

Vielversprechende Ergebnisse

Neue Strategie zur Tuberkulose-Früherkennung