Lungenkrebs
Barmer bezahlt jetzt personalisierte Therapie
Nach der AOK Rheinland/Hamburg trägt nun auch die Barmer GEK als erste bundesweite Krankenkasse eine personalisierte Therapie für Versicherte, die an Lungenkrebs erkrankt sind.
Veröffentlicht:KÖLN. Die Barmer GEK hat ihren Leistungskatalog erweitert. Bei Versicherten mit Lungenkrebs bezahlt sie ab 1. Juli die Kosten der aufwendigen Diagnostik für eine "personalisierte Therapie".
Basis ist ein unbefristeter Vertrag zur integrierten Versorgung, den die Kasse mit der Uniklinik Köln geschlossen hat. Die Ärzte im Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) der Uniklinik behandeln seit 2009 Lungenkrebspatienten mit personalisierten Therapien.
Allein 2014 haben sie rund 5000 Gewebeproben molekularpathologisch untersucht. Das entspricht nach Angaben der Einrichtung fast zehn Prozent dieser Patientengruppe in Deutschland.
Eine solche Aufgabe kann auch ein spezialisiertes Zentrum nicht allein stemmen. Über das 2010 gegründete "Netzwerk Genomische Medizin" kooperieren die Kölner mit Kollegen in ganz Deutschland. Inzwischen hat das Netzwerk 220 Partner aus Klinik und Praxis. Sie schicken Gewebeproben nach Köln.
Nach der Untersuchung tauschen sich dort Kliniker und Diagnostiker aus und machen den behandelnden Ärzten einen individuellen Therapievorschlag. Er kann auch Arzneimittel enthalten, die nicht zugelassen sind. Dann können die Patienten an klinischen Studien teilnehmen.
Kosten für Diagnostik und Netzarbeit werden bezahlt
Die Barmer GEK übernimmt künftig die Kosten für die Diagnostik und die Netzwerkarbeit. "Für uns ist es wichtig, dass die Patienten in der schwierigen physischen und psychischen Situation nicht nach Köln fahren müssen, sondern wohnortnah behandelt werden können", sagt Dr. Mani Rafii, Vorstandsmitglied der Barmer GEK.
Rafii, der selbst Arzt ist, setzt große Hoffnungen in die neuen Therapiemöglichkeiten. "Man kann so die Patienten mit Tumorerkrankungen viel präziser behandeln."
Bei der Grundsatzentscheidung, wofür die begrenzten Mittel im Gesundheitswesen künftig eingesetzt werden wollen, setze die Barmer GEK auf die Versorgung schwer kranker Patienten und die High-End-Medizin, betont er.
Bislang übernimmt lediglich die AOK Rheinland/Hamburg die Kosten der Diagnostik für ihre Versicherten. Lange Zeit hat das Netzwerk die Versorgung der Patienten selbst finanziert und dabei vor allem auf eine Förderung durch das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium in Höhe von 3,5 Millionen Euro zurückgreifen können.
"Wir sind in Vorleistung getreten, weil wir an die Idee glauben", betont der ärztliche Leiter des CIO Professor Jürgen Wolf. Inzwischen gebe es auch bei anderen Krankenkassen ein großes Interesse.
Der Grund ist für Wolf klar: Die gezielte Arzneimittel-Therapie auf Basis einer molekulargenetischen Untersuchung hat eine viel höhere Ansprechrate als Chemotherapien, die Patienten überleben länger.
Weitere Standorte geplant
Bislang könne aber nur eine Minderheit der Patienten von der personalisierten Therapie profitieren, sagt Wolf. Deshalb soll das Prinzip des Kölner Diagnosezentrums auf weitere Standorte ausgedehnt werden.
"Wahrscheinlich Anfang 2016 werden wir vier weitere Partner haben, die genauso arbeiten wie wir", kündigt er an.
Dabei wird es sich um spezialisierte Zentren handeln, die über High-Tech-Diagnostik verfügen. Langfristig sind nach Einschätzung von Wolf 15 bis 20 Zentren in Deutschland notwendig, um eine flächendeckende Versorgung mit genomischer Krebsdiagnostik sicherzustellen.
"Ich glaube, dass unser Konzept eine Blaupause ist, mit der wir auch für andere Tumorerkrankungen eine zielgerichtete, menschliche Therapie entwickeln können", sagt Professor Reinhard Büttner, Direktor des Instituts für Pathologie der Kölner Uniklinik.
Für gastrointestinale Tumore hat sich bereits ein Netzwerk gebildet. Angebote für Patienten mit Blasenkrebs und Mammakarzinom sollen folgen. Der Vertrag mit der Barmer GEK ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, die genetische Testung in die Regelfinanzierung aufzunehmen, so Büttner.
"Unabhängig davon, wo und unter welchen Bedingungen Patienten leben, sollen sie Zugang zu innovativer Spitzenmedizin bekommen."