Umstrittene Gebührensatzung
Brandenburg: Ministerin ruft im Streit um Rettungsfahrten zu Gesprächen auf
Krankenkassen in Brandenburg möchten nicht mehr für die Kosten von Fehlfahrten im Rettungsdienst aufkommen. Landkreise wehren sich gegen das neue Gebührenmodell. Gesundheitsministerin Müller warnt vor einer Eskalation des Konflikts.
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Zwischen Landkreisen und Krankenkassen in Brandenburg ist ein Konflikt um die Finanzierung von Fehlfahrten entbrannt. Gesundheitsministerin Britta Müller forderte Kreise und Kassen zur Einigung auf.
© Monika Skolimowska/dpa
Potsdam. Im Streit mit den Krankenkassen um die Finanzierung von Rettungsdiensteinsätzen haben einige Brandenburger Landkreise Alarm geschlagen. In Verhandlungen mit den Landkreisen als Trägern des Rettungsdienstes hätten die Kassen die Auffassung vertreten, dass Rettungswageneinsätze, bei denen sich im Einsatz herausstellt, dass der Transport des Patienten in ein Krankenhaus unnötig ist – sogenannte Fehlfahrten –, von ihnen nicht zu bezahlen seien. Eine Kostenübernahme werde selbst dann abgelehnt, wenn der Patient oder ein Dritter in der Überzeugung sehr schnell Hilfe zu benötigen, gutgläubig die 112 gewählt habe.
„Wir halten es für richtig und wichtig, dass auch in Situationen, in denen nicht sicher ist, ob der Rettungswagen das Mittel der Wahl ist, nicht aus Kostengründen gezögert wird, den Notruf zu wählen“, sagte der Vorsitzende des Landkreistags, der Landrat von Oberspreewald-Lausitz, Siegurd Heinze (parteilos) „Dass der Rettungsdienst auch für diese Fälle zur Verfügung steht, gehört für uns zum System.“
Müssen Patienten Fehlfahrten selbst bezahlen?
Die Krankenkassen hätten den Landkreisen jedoch ein neues Gebührenmodell vorgelegt „und in allen Landkreisen, die sich dieser neuen Kalkulation nicht angeschlossen haben, ihre Leistungen im Bereich des Rettungsdienstes zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger gekürzt.“ Was im Klartext heißt: Die Patienten müssten Fehlfahrten nun selbst bezahlen.
„Bereits im Dezember hat das Oberverwaltungsgericht in einer ersten Entscheidung dargelegt, dass eine von den Krankenkassen vorgenommene Begrenzung der Leistung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern mit Blick auf die Fehlfahrtenproblematik ausgeschlossen ist“, sagte der Landrat von Märkisch-Oderland, Gernot Schmidt (SPD). Eine weitere Entscheidung in einem Normenkontrollverfahren gegen die Rettungsdienstgebührensatzung des Landkreises Teltow-Fläming werde noch in diesem Jahr erwartet. „Anstelle sofort Leistungen gegenüber den Versicherten zu kürzen, sollten die Krankenkassen zumindest diese unbedingt abwarten“, sagte Schmidt.
Ministerin: Landkreise sollen sich mit Kassen einigen
Brandenburgs Gesundheitsministerin Britta Müller (parteilos, für BSW) forderte die Landkreise indes auf, sich mit den Krankenkassen zu einigen. Derzeit würden bereits elf von 19 Landkreisen und kreisfreien Städten die neue Kalkulationssystematik anwenden. Die Zuständigkeit für den bodengebundenen Rettungsdienst liegt nach dem Brandenburgischen Rettungsdienstgesetz als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe bei den Landkreisen und kreisfreien Städten.
Sie hätten die politische Aufgabe, eine sachgerechte und geeinte Lösung zu finden. „Wenn diese Landkreise nun tatsächlich Gebührenbescheide an Patienten verschicken sollten, dann tragen sie diesen Konflikt auf dem Rücken der Menschen aus“, so Müller. „Das ist unsozial und gesellschaftspolitisch falsch!“ Jeder Mensch müsse in einem medizinischen Notfall den Rettungsdienst rufen können, ohne Angst vor finanziellen Folgen haben zu müssen. „Daher fordere ich die Landkreise auf, ihrer politischen Verantwortung für die Menschen gerecht zu werden und an den Verhandlungstisch zurückzukehren.“ (lass)