Weniger Zuschüsse für GKV und Pflege
Bundeskabinett segnet Spar-Haushalt für 2024 ab
Das Bundeskabinett hat grünes Licht für den Etatentwurf von Finanzminister Lindner gegeben. Sparen müssen fast alle Ressorts – auch das Gesundheitsministerium. Die Kritik an den Einsparungen ebbt nicht ab.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Begleitet von neuer Kritik aus Krankenkassen-, Pflege- und Sozialverbänden hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für den Etat 2024 beschlossen. Dem Entwurf zufolge sollen die Ausgaben auf 445,7 Milliarden Euro sinken.
Nach krisenbedingten Mehrausgaben der Vorjahre wegen der COVID-Pandemie und der Energiekrise schlägt Finanzminister Christian Lindner (FDP) jetzt einen rigiden Sparkurs ein. Die Neuverschuldung soll im kommenden Jahr bei 16,6 Milliarden Euro liegen, um die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einzuhalten.
Bundeshaushalt 2024
Sozialverbände und Kassen kritisieren Pflegekurs der Regierung scharf
Steuerzuschuss zur Pflege fällt weg
Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) muss kräftig sparen – der Etat seines Hauses sinkt von 24,5 Milliarden auf 16,2 Milliarden Euro (siehe nachfolgende Grafik). Gestrichen wird auch der jährliche Steuerzuschuss zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von einer Milliarde Euro. Um das zu kompensieren, sollen die Einzahlungen in den Pflegevorsorgefonds 2024 ausgesetzt werden.
Der Zuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sinkt nächstes Jahr auf die gesetzlich vorgeschriebene Höhe von 14,5 Milliarden Euro – 2023 lag er noch bei 16,5 Milliarden Euro.
Lindner betonte am Mittwochnachmittag bei der Bundespressekonferenz, Lauterbach habe ihm gegenüber nicht angezeigt, dass er mit der Aussetzung der Einzahlungen in den Vorsorgefonds „ein Problem hätte“. Im Fonds werden Gelder angespart für die Zeit, wenn die Babyboomer ins pflegebedürftige Alter kommen.
Union: Lauterbach gehört zu den großen Verlierern
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge, kritisierte, dass sich die Unterstützung von Long- und Post-COVID-Betroffenen im Haushaltsentwurf des Gesundheitsministeriums nicht wiederfinde, obwohl Lauterbach diese im Frühjahr angekündigt habe. Auch für Impfgeschädigte sehe der Etat keine Hilfen vor.
Obendrein würden Präventionsangebote im Bereich Sucht und Drogen auf vier Milliarden Euro gekürzt. Lauterbach gehöre somit zu den größten Verlierern bei der Haushaltsaufstellung, „er festigt damit seinen Ruf als Ankündigungsminister“, sagte Sorge.
Für die GKV folge aus den Etatplanungen, dass die Finanzierungsvorhaben des Koalitionsvertrages zur Stabilisierung des Beitragssatzes – vor allem zur Anhebung des Bundeszuschusses für versicherungsfremde Leistungen und kostendeckenden Beiträgen für die Versorgung von Bürgergeldbeziehenden – nicht eingehalten würden, kritisierte der Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Uwe Klemens, am Mittwoch.
„Verfügungsmasse für Haushaltskonsolidierung“
Lauterbach habe stattdessen angekündigt, die Beitragssätze im nächsten Jahr noch einmal zu erhöhen. Sie lägen aber bereits auf einem Rekordniveau von durchschnittlich 16,2 Prozent, monierte Klemens. Der Vorgang um den Bundeszuschuss zur Pflege zeige wiederum, „wie Bundeszuschüsse zur Verfügungsmasse für die Haushaltskonsolidierung werden“.
„Die Finanzierungsgrundlage der sozialen Pflegeversicherung wird nun zum wiederholten Male auf dem Verschiebebahnhof der Legislaturperioden abgestellt“, wendete auch der Vorstandsvorsitzende des BKK Dachverbands, Franz Knieps, ein. „Höhere Versichertenbeiträge sollen es richten, werden aber zukünftig nicht ausreichen.“
Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, sagte, die Ampel müsse sich fragen lassen, ob sie im Haushalt die inhaltlich richtigen Prioritäten setze. „Der Gesundheitsbereich ist erschreckenderweise das Ressort, der in absoluten Zahlen das größte Minus aufweist“, so Gaß. Nötig seien aber mehr Investitionen in die Gesundheitsversorgung. Schließlich handele es sich um Daseinsvorsorge.
Jetzt sind die Fraktionen am Zug
Der Kabinettsbeschluss zum Haushaltsentwurf 2024 stelle keine nachhaltige Lösung für aktuelle soziale Krisen dar, merkte der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, an. Die Bundestagsabgeordneten müssten den Etat im parlamentarischen Verfahren dringend nachbessern. Das gelte vor allem für die Kürzungen im Sozial- und Gesundheitsbereich.
Empört reagierte am Mittwoch auch der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP). „Auf den akuten Pflegenotstand in der Langzeitpflege mit Streichungen des Pflegezuschusses 2024 und Mini-Reförmchen wie dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz zu reagieren, kann von uns nur noch als Ignoranz wahrgenommen werden“, sagte DEVAP-Vorsitzender Wilfried Wesemann.
Am Dienstag hatten der AOK-Bundesverband und die DAK-Gesundheit die Budgetplanung für 2024 als Gefahr für den sozialen Frieden kritisiert. (hom/fst)