Hoher Versorgungsaufwand

COPD und Asthma sind teuer

Millionen Menschen in Deutschland sind von COPD oder Asthma bronchiale betroffen, die wirtschaftlichen Folgen und der Versorgungsaufwand in Praxis und Klinik sind beachtlich. Dennoch handelt es sich um vergleichsweise wenig beachtete Volkskrankheiten.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Die volkswirtschaftlichen Folgen von COPD und Asthma sind beachtlich.

Die volkswirtschaftlichen Folgen von COPD und Asthma sind beachtlich.

© pabijan / Fotolia.com

NEU-ISENBURG. COPD und Asthma bronchiale sind Volkskrankheiten. Doch die Aufmerksamkeit für die Betroffenen bleibt weiter hinter für andere Volkskrankheiten zurück. Das könnte auch daran liegen, dass COPD bei rund 80 Prozent der Patienten auf das Rauchen zurückgeht.

Genau das goutiert eine Mehrheit der Deutschen nicht, belegt die repräsentative Umfrage "Meinungspuls 2014", die das Forsa-Institut im Auftrag der Techniker Krankenkasse vorgelegt hat.

Danach sind 58 Prozent der Deutschen der Auffassung, jeder sei selbst für seine Gesundheit verantwortlich, dagegen werten 41 Prozent der Befragten Gesundheit als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sodass auch der Staat, die Krankenversicherungen und Arbeitgeber in der Pflicht gesehen werden.

Fakt ist, dass die epidemiologische und sozioökonomische Bedeutung dieser beiden Erkrankungsbilder nicht unterschätzt werden darf. Nach der Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes haben Krankheiten des Atmungssystems in Deutschland einen Anteil von zwölf Prozent aller Sterbefälle.

Das ist die dritthäufigste Ursache nach Herzkreislauf-Erkrankungen (40 Prozent) und Krebs (22 Prozent).

Wie viele Menschen sind betroffen?

Das Robert-Koch-Institut hat im Rahmen der GEDA-Studie (Gesundheit in Deutschland aktuell 2009) die Prävalenzen für COPD und Asthma bronchiale erhoben.

Dabei gaben neun Prozent der Befragten an, dass ein Arzt schon einmal ein Asthma bronchiale bei ihnen diagnostiziert hat.

Dagegen lagen die bei telefonischen Gesundheitssurveys in den Jahren 2003 und 2004 erhobenen Werte mit 5,7 und 7 Prozent deutlich niedriger.

Bei der chronischen Bronchitis gaben insgesamt knapp fünf Prozent der Befragten (sechs Prozent Frauen, vier Prozent Männer) an, dass ein Arzt bei ihnen in den letzten zwölf Monaten diese Erkrankung diagnostiziert habe.

Über die Bedeutung der beiden Erkrankungen für das ambulante Versorgungsgeschehen kann das ZI-ADT-Panel Auskunft geben.

Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) erhält dabei vierteljährlich eine Zufallstichprobe pseudonymisierter Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Brandenburg.

Bei der Auflistung der häufigsten Behandlungsfälle in den Praxen von Allgemeinärzten im Jahr 2013 lag COPD mit sieben Prozent auf Rang 13.

Asthma bronchiale bildete den Anlass für 6,4 Prozent der Behandlungsfälle (Rang 15).

Bei der Analyse der Zeiten von Arbeitsunfähigkeit muss das unterschiedliche Erkrankungsalter berücksichtigt werden: COPD tritt ganz überwiegend bei Rauchern und meistens nicht vor dem 40. Lebensjahr auf. Der größte Anteil der Patienten ist über 60 Jahre.

Bei Asthma bronchiale, das eine allergische Ursache hat, ist das Patientenklientel deutlich jünger, vielfach sind bereits Kinder betroffen.

Das spiegelt sich auch im Gesundheitsreport 2013 der Techniker Krankenkasse, bei dem AU-Zeiten von Personen zwischen 15 bis 64 Jahre berücksichtigt worden sind.

Asthma war der TK-Analyse zufolge ursächlich für 0,3 Prozent sämtlicher AU-Tage und ging mit durchschnittlich 12,3 Fehltagen einher. Das entsprach Rang 58 der bei AU-Tagen am häufigsten angegebenen ICD-10-Ziffern.

Auf Rang 75 folgte COPD - die Erkrankung repräsentierte 0,23 Prozent aller AU-Tage. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer belief sich auf 16,1 Tage. Angeführt wird die AU-Liste von der ICD-Ziffer F 32: Depressive Episode mit 5,72 Prozent aller Fehltage.

Umgekehrt ist die Reihenfolge, wenn die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten der beiden Erkrankungen in den Blick genommen werden.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Gesundheitsökonomik und Management im Gesundheitswesen am Helmholtz Zentrum München im vergangenen Jahr.

Die Forscher haben dazu 14 Einzelstudien zu den Krankheitskosten bei erwachsenen COPD- und Asthma-Patienten verglichen.

Kosten bis zu 3490 Euro pro Kopf

Danach fallen bei COPD pro Kopf und Jahr je nach Krankheitsschwere Kosten von 1210 bis 3490 Euro an. Im Vergleich dazu sind es bei Asthma 445 bis 2540 Euro. Bei den direkten Kosten verursachen Arzneimittel anteilig die höchsten Kosten.

In der Gesamtschau wird das Gros der Kosten aber durch die indirekten Kosten - Arbeitsunfähigkeit, frühzeitige Verrentung und Tod - verursacht.

Die Krankheitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes weist für das Jahr 2008 - jüngere Zahlen liegen nicht vor - Gesamtkosten durch Krankheiten des Atmungssystems von 13,19 Milliarden Euro in Deutschland aus.

Die Folgekosten von COPD schlagen dabei mit knapp 5,3 Milliarden und die für Asthma mit knapp 1,8 Milliarden Euro zu Buche.

Die hohen volkswirtschaftlichen Kosten werfen die Frage auf, welche Potenziale der Versorgungssteuerung in der Behandlung bislang realisiert oder aber vernachlässigt werden.

Hier scheint vieles im Argen zu liegen.

Ein Beispiel: Eine Studiengruppe um den Gesundheitsökonomen Professor Jürgen Wasem (Universität Duisburg-Essen) hat aus einer Stichprobe von neun Millionen GKV-Versicherten eine Kohorte von 725.000 Patienten mit allergischer Rhinitis und 260.000 Asthma-Patienten untersucht.

Die Daten stammten aus den Jahren 2007 bis 2010.

Die Forscher stellten fest, dass die Zahl an codierten Diagnosen pro Arztpraxis und pro Patient in dem Zeitraum zugenommen hat.

Zurückgegangen ist aber die Zahl der abgerechneten allergologischen Gebührenordnungspositionen speziell im Falle der spezifischen Immuntherapie (SIT) nach der Einführung der Regelleistungsvolumina im Jahr 2009 - obwohl die Zahl der Rhinitis- und Asthmapatienten gestiegen sei.

Lediglich fünf Prozent der Asthma-Patienten erhielten eine SIT. Die Studienautoren folgern: "Mittel- und langfristig werden zusätzliche Kosten durch die Progredienz der Erkrankungen entstehen, zum Beispiel durch die Zunahme des allergischen Asthmas."

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