Weniger Klinikeinweisungen

Cardiolotsen wirken gegen den Drehtüreffekt

Patientenlotsen helfen chronisch kranken Menschen beim Übergang vom Krankenhaus in die ambulante Nachsorge. Ein Berliner Projekt zeigt: Auch teure Rehospitalisierungen lassen sich so vermeiden.

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Cardiolotsen helfen chronisch Kranken beim Übergang vom Krankenhaus in die ambulante Nachsorge. Robert Kneschke/ Picture alliance

Cardiolotsen helfen chronisch Kranken beim Übergang vom Krankenhaus in die ambulante Nachsorge. Robert Kneschke/ Picture alliance

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Berlin. Die Initiatoren des Anfang 2018 in Berlin gestarteten Innovationsfondsprojekts „Cardiolotse“ – die AOK Nordost und das kommunale Klinikunternehmen Vivantes – haben sich für einen Ausbau der Patientensteuerung durch geschulte Fachkräfte ausgesprochen.

Patientenlotsen könnten insbesondere jene Patienten unterstützen, die sich im Gesundheits-Dschungel nicht gut zurechtfänden, hieß es bei einer Informationsveranstaltung kürzlich in Berlin. Vor allem der Übergang vom Krankenhaus an weiterbehandelnde Ärzte stelle eine „kritische Phase“ für chronisch kranke Menschen dar. An dieser Schnittstelle wirkten die Lotsen quasi als „Kümmerer“.

Sie könnten bei der Terminfindung für Kontrolluntersuchungen, der Arzneimittel-Adhärenz oder der Suche nach Herzsport-Gruppen sowie weiterbehandelnden Ärzten behilflich sein, hieß es. Die Betreuung gehe über das Entlassmanagement im Krankenhaus hinaus.

Arzt bleibt Dreh- und Angelpunkt

Das Projekt „Cardiolotse“, das AOK Nordost und Vivantes seit Mai 2021 über einen Selektivvertrag nach Paragraf 140a Sozialgesetzbuch V anbieten, sehen Kasse und Klinikkonzern ausdrücklich als „Unterstützung“ für Haus- und Fachärzte. Ärzte seien und blieben zentrale Ansprechpartner in der Nachsorge. Als Unterstützung des Arztes werde das Projekt auch von der Bundesärztekammer eingeordnet, betonte Harald Möhlmann, Berater des Vorstands der AOK Nordost.

Die Vorteile des „Cardiolotsen“ für Patienten und Solidargemeinschaft liegen laut den Initiatoren darin, dass sich die „intersektorale Vernetzung“ damit stärken und Drehtüreffekte vermeiden ließen. Frühere Auswertungen von Versichertendaten zeigten, dass es bei Herzkreislauf-Erkrankungen binnen eines Jahres Rehospitalisierungsquoten von bis zu 25 Prozent gegeben habe.

Hochgerechnet auf 1000 Patienten und ausgehend von 5000 Euro Kosten je Fall ergäben sich demnach Ausgaben von etwa 1,25 Millionen Euro im ersten Jahr nach der stationären Behandlung. Erste Zwischenergebnisse zur Wirkung der Lotsen zeigten, dass eine Verringerung der Rehospitalisierungsquote um bis zu fünf Prozent in Reichweite liege.

Mehr als 40 Lotsen-Projekte

Der „Cardiolotse“ könne Blaupause für ein eigenständiges Berufsbild „Patientenlotse“ sein, der auch bei anderen chronischen Erkrankungen zum Einsatz komme, zeigen sich AOK und Vivantes überzeugt. Laut Bundesverband Managed Care gibt es aktuell mehr als 40 verschiedene Modelle zur Patientensteuerung durch Lotsen.

Im Berliner Projekt werden Medizinische Fachangestellte sowie Gesundheits- und Krankenpfleger über einen Zeitraum von zwei Monaten zu „Cardiolotsen“ weiterqualifiziert. Eine Herausforderung besteht den Machern zufolge darin, das Projekt in die Regelversorgung zu überführen.

„Etwas offen“ sei die Frage, wo ein Lotsenprojekt am besten angesiedelt sei: beim Hausarzt, der Klinik oder der Kasse. Mit der neuen Regierungsbildung im Bund bestehe die Chance, Lotsenprojekten Aufwind zu geben.

Unumstritten sind die Lotsenmodelle nicht. In Deutschland gebe es Dutzende davon, der Begriff Hausarzt tauche aber nur selten darin auf, hatte etwa der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Professor Martin Scherer, bereits vor zwei Jahren erklärt. Menschen hätten „Anspruch auf Beziehung“. Das gelte auch und gerade in der Medizin. „Da braucht es eine zentrale Figur und nicht viele verschiedene Lotsen.“ (hom)

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