Bedarfsplanung
Chirurgen warnen vor Enteignung
HAMBURG. Die Forderung des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen, die KVen sollten in Gebieten mit 200 Prozent Versorgungsgrad und mehr Arztpraxen aufkaufen müssen, hat den Bundesverband Niedergelassener Chirurgen (BNC) auf den Plan gerufen.
Würde der Vorschlag umgesetzt, beträfe er vor allem Fachinternisten (994 Sitze über 200 Prozent), Chirurgen (171) und Anästhesisten (167). BNC-Präsident Dr. Dieter Haack kritisierte in einer Stellungnahme am Donnerstag, in der Praxis käme dies einer "willkürlichen Enteignung" und "einem unzulässigen Eingriff in die unternehmerische Freiheit niedergelassener Ärzte" gleich.
Die von den Gesundheitsweisen ermittelte Überversorgung basiere auf veralteten Zahlen, ignoriere den demografischen Wandel und den tatsächlichen ambulanten Versorgungsbedarf.
In vielen Gebieten, so Haack, die heute 200 Prozent Überversorgung aufwiesen, hätten die Zulassungsausschüsse in den 1990-er Jahren noch Arztsitze per Sonderbedarfszulassung zugeteilt, weil Einzelfallprüfungen eben doch einen erhöhten Bedarf ergeben hätten.
Außerdem seien in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten gerade Chirurgen und Anästhesisten unter der Devise "ambulant vor stationär" motiviert worden, sich selbstständig zu machen.
"Infolgedessen investierten niedergelassene Operateure in ganz Deutschland viel Kapital und eröffneten ambulante Operationszentren", heißt es in der BNC-Mitteilung. Die Forderung der Sachverständigen bedeute einen "plötzlichen Kurswechsel".
Der Aufkauf von Arztsitzen in überversorgten Gebieten wird auch im Koalitionsvertrag angekündigt - allerdings als Soll-Regelung. Die Gesundheitsweisen hatten dies in ihrem jüngsten Gutachten aufgegriffen und empfohlen, die KVen ab 200 Prozent Versorgungsgrad zum Aufkauf zu verpflichten. Aktuell gilt für den Aufkauf von Arztsitzen eine Kann-Regelung. (cw)