Kommentar zu Gassen
Compliance und Professionalität
Gut ein Jahr ist der Orthopäde Dr. Andreas Gassen im Amt des KBV-Vorsitzenden, und nun ereilt ihn seine Vergangenheit als Vorsitzender des Spitzenverbandes der Fachärzte (SpiFa). Tatsache ist, dass Gassen den freien Interessenverband bis vor wenigen Wochen geführt hat, seit seiner Wahl zum KBV-Vorstandsvorsitzenden das Verbandsamt aber hat ruhen lassen.
Mit Ausnahmen: Vereinsregisterangelegenheiten musste Gassen trotzdem erfüllen - und nun steht der Verdacht im Raum, in einen Interessenkonflikt mit seinen Pflichten als KBV-Chef geraten zu sein.
Auch wenn Gassen gestern in der Vertreterversammlung und quasi als Vorwärtsstrategie noch vor dem nichtöffentlichen Teil ziemlich schlüssig darlegte, was er in den vergangenen zwölf Monaten (noch) für den SpiFa getan und nicht getan hat und dass dies nicht den KBV-Interessen zuwider gelaufen sei - ein schlechter Nachgeschmack bleibt.
Der KBV-Vorsitz ist ein öffentliches Amt, der Inhaber vertritt dabei die Belange aller niedergelassenen Ärzte und Psychologischer Psychotherapeuten, die indirekt Zwangsmitglieder dieser Organisation sind. Hier ist schon der Anschein zu vermeiden, dass es zu einem Interessenkonflikt gekommen sein könnte.
In diesem Zusammenhang hat Dr. Ralph Ennenbach, einer der wenigen Nicht-Ärzte unter den KBV-Vertretern, auf die inhärente Stigmatisierung der ärztlichen Mandatsträger hingewiesen, die ja naturgemäß eine (fach-)ärztliche Herkunft haben und deswegen von ihren Kollegen nahezu zwangsläufig unter Verdacht gestellt werden, quasi angeborene Präferenzen in ihre Entscheidungen als Mandatsträger einfließen zu lassen.
Mehr Sensibilität in Compliance-Angelegenheiten würde vor Verdächtigungen schützen.
Auf einem anderen Blatt steht die Professionalität der Funktionäre, die die ambulante Gesundheitsversorgung gestalten und die Interessen von 164.000 Zwangsmitgliedern vertreten. Die Bilanz ist leider bitter: Wo es an nüchterner Analyse mangelt, blüht die Dämonisierung.
Mal sind es die Krankenhäuser, die in die ambulante Medizin einmarschieren, mal die Staatsmedizin oder die Shareholder. Aber am Ende das immer wieder zitierte "System", in dem sich Ärzte (oder vielleicht nur die Funktionäre?) geknechtet fühlen. Aber sind es nicht die Funktionäre, die das System mitgestalten?
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