Leitartikel zum AMNOG
Die KVen spielen mit alten Regressängsten
Die frühe Nutzenbewertung sollte Regressängsten eigentlich endgültig den Garaus machen. Doch die KVen verbreiten neue Unsicherheit. Und die Option, AMNOG- Innovationen als Praxisbesonderheit anzuerkennen, interessiert keinen mehr.
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Immer wieder ärgerlich: Verordnungsentscheidungen vor der KV begründen zu müssen.
© Klaus Rose
Die Idee des AMNOG, den Preis für eine Innovation in Relation zu deren therapeutischen Nutzen zu setzen, bedeutet, dass die Wirtschaftlichkeit jeder - medizinisch begründeten - Verordnung nicht mehr in Zweifel zu ziehen ist.
Zudem sieht das Gesetz vor, dass Hersteller und GKV-Spitzenverband Verordnungsanforderungen vereinbaren können, deren Einhaltung die entsprechende Innovation als Praxisbesonderheit anzuerkennen erlaubt.
Soweit die Theorie. Die Praxis: Während von dieser Empfehlung ("soll") im § 130b Abs. 2 SGB V nach drei anfänglichen Versuchen kein Gebrauch mehr gemacht wird, schüren manche KVen neue Regressängste, indem sie so tun, als gäbe es eine rückwirkende Geltung von Nutzenbewertungen, deretwegen Ärzte Rückforderungen der Kassen zu befürchten hätten - was freilich nicht den Tatsachen entspricht.
Zur Sache: Mehrere KVen forderten Ärzte vergangenes Jahr erstmals auf, neue Medikamente "bis zur endgültigen Nutzenbewertung äußerst zurückhaltend" zu verordnen. Die Formulierung stammt von der KV Baden-Württemberg.
Sie findet sich aber auch in Schreiben der KV Niedersachsen oder in einer Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes. Die KV Rheinland-Pfalz dagegen bedient sich der Suggestivkraft des Selbstverständlichen und empfiehlt, "neue Arzneimittel bis zur Festlegung des GKV-Erstattungbetrages nur in medizinisch begründeten und gegebenenfalls begründbaren Fällen einzusetzen".
Da medizinisch unbegründete Verordnungen ohnehin nicht in Betracht zu ziehen sind, kann die gesonderte Erwähnung mit Referenz auf neue Arzneimittel nur meinen: "Finger weg!" ...