Leitartikel zur Bedarfsplanung

Die Verantwortung in der Region

Neue Bedarfsplanung als Instrument gegen den Ärztemangel? Die Vergangenheit zeigt, dass die Planung meist nicht zielgerecht funktioniert hat. Und allein mit der Beschreibung eines neuen Sollzustandes wird Ärztemangel nicht behoben.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Landarzt gesucht: Die Aktion für Woldegk brachte trotz großer Anstrengungen keinen Erfolg.

Landarzt gesucht: Die Aktion für Woldegk brachte trotz großer Anstrengungen keinen Erfolg.

© lila publishing

Ja, mach nur einen Plan, sei ja ein großes Licht - und mach dann noch 'nen zweiten Plan - gehn tun se beide nicht." Mit diesem Vers in der "Dreigroschenoper" könnte Bertolt Brecht zutreffend die Realität der ärztlichen Bedarfsplanung beschrieben haben.

Ihre Wirkung wurde meist überschätzt, sie hat eigentlich nie funktioniert, stets war sie von "Ängsten" der Ärzte und ihrer Funktionäre bestimmt, und wegen dieser Ängste - vor allem vor zu vielen Ärzten in der ambulanten Versorgung - war die Bedarfsplanung, wie das Bundesverfassungsgericht 1960 festgestellt hat, bis dahin grundgesetzwidrig ausgestaltet.

Seitdem gilt das Prinzip einer zumindest relativen Niederlassungsfreiheit als Vertragsarzt.

Doch nun ist das Paradigma der Ärzteschwemme vom Paradigma des Ärztemangels abgelöst worden. Für politische Entscheidungsprozesse überraschend schnell hat darauf der Gesetzgeber mit dem Versorgungsstrukturgesetz reagiert und neue Grundlagen für die Bedarfsplanung geschaffen, die der Gemeinsame Bundesausschuss nach einjähriger Vorarbeit in Richtlinien konkretisiert hat.

Sie sind seit Jahresbeginn in Kraft und ihrerseits Grundlage, den zukünftigen regionalen Bedarf detaillierter zu definieren.

Schon die Kaskade der Entscheidungsschritte vom Bundesgesetzgeber über den untergesetzlichen Normgeber GBA auf der Bundesebene bis hin zu den Landesausschüssen in der Region zeigt die Schwerfälligkeit und bedingte Tauglichkeit des Instrumentariums Bedarfsplanung für die Bewältigung eines sich möglicherweise manifestierenden Ärztemangels in manchen Regionen Deutschlands ...

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Kommentare
Dr. Karlheinz Bayer 12.01.201308:19 Uhr

Bedarfsplanung


Nein, nein! Nicht die Kinder mit den Bädern ausschütten, und nicht gleich wieder die DDR als (angeblich) abschreckendes Beispiel anführen!
Jeder von uns macht immer schon seine Bedarfsplanung! Und wenn nicht, geht er zwangsläufig irgendwann pleite.

Bedarfsplanung war einmal so weit gegangen, daß jeder Kassenarztsitz registriert war - und zwar im Westen, in der BRD, nicht im Arbeiter-und-Bauern-Staat. Als ich vor 30 Jahren mit meiner Allgemeinarzttätigkeit begonnen habe, habe ich einen Kassenarztsitz übernommen - etwas anderes war garnicht möglich gewesen.

Natürlich war das bis zu einem gewissen Grad undemokratisch und hat auch der Vetternwirtschaft Tür und Tor geöffnet, Gildedenken und Innungsgehabe sind mit einem solchen engen System zwangsläufig verbunden.

Aber dann kam der Seehofer-Coup. In unserem Sprengel haben sich unter Seehofer die Zulassungen um beinahe ein Drittel ausgedehnt. Und zwar definitiv nicht dort, wo sie gebraucht wurden, sondern meist und bevorzugt neben lukrativen Stadtpraxen.
Wollen wir es mal so sehen, wie es ist: damals ist es den Ärzten finanziell mit einem Schlag schlechter gegangen und die Situation der medizinischen Versorgung hat sich trotzdem, oder gerade deswegen, verschlechtert.

Momentan ist in meiner unmittelbaren Nachbarschaft gerade ein Kollege ohne Nachfolger ausgeschieden - damit sind klängst nicht die Zahlen von vor 30 Jahren erreicht, wir haben immer noch etwa 30% Niedergelassene mehr. Schon bevor das aber passierte hat der Bürgermeister von der jetzt anstehenden Unterversorgung gesprochen. Die lokale Zeitung hat bei mir angerufen, ob jetzt meine Anmeldung überquellen würde und wie man die Lücke zu schließen gedenke.

Das Argument, daß wir hier, sowohl im Kreis wie im Land, eine Überversorgung um etwa 20% haben, wurde mit Überraschung aufgenommen und gleich mit dem Totschlagargument, "aber-in-ein-paar-Jahren-wird-die-demographiosche-Entwicklung ..." konterkarriert.

Fakt ist, wir haben eine Überversorgung.
Fakt ist, die kommt daher, daß ein nach wie vor durch wahnwitzige Alleingänge auffallender Horst Seehofer die Bedarfsplanung ausgesetzt hat.

Ich denke, bei aller notwendigen Aufmerksamkeit, daß das Ruder nicht genau ins Gegenteil herumgerissen wird, sollte man nicht Nein sagen zu mehr Struktur und Planung.

Dr.Karlheinz Bayer

Dr. Michael Hill 11.01.201319:45 Uhr

Neue Bedarfsplanung

Planungen und Sollerfüllungen in Jahres- oder anderen zeitlichen Abschnitten gewidmeten Lösungsversuchen für irgendwelchen Mangel kennen wir letztendlich noch zur Genüge aus der DDR und anderen politischen Gesellschaftsformen mit Planwirtschaft.
Die Realität überholt sie alle. Traurig ist nur, dass niemand es gelernt hat, diese de facto Erfahrung ernst zu nehmen und andere Entscheidungspfade zu begehen gewillt ist.
Planung" als ein Akt von Hilflosigkeit" wieder zu reanimieren zeugt nur von Phantasielosigkeit und mangelnder Entscheidungskompetenz. Die eigentliche Kernproblematik der monetären Unterfütterung wird aus welchen Gründen auch immer absolut vernachlässigt.
"Ohne Moos nix los", dies ist kein kapitalistischer Spruch, sondern stellt die wesentliche Komponente eines wirtschaftlichen Systems auch eines sozialistischen (hier wird es nur anders tituliert!) dar.
Neutral betrachtet bedingen sich Angebot und Nachfrage gegenseitig in monetärer Wertschätzung.

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