Regierungsbericht
Die vielen kleinen Verlierer der Corona-Pandemie
Wenige schwere Infektionsverläufe, dennoch hart getroffen: Ein Regierungsbericht zeichnet das Bild von Kindern und Jugendlichen in der COVID-19-Pandemie nach und macht großen Handlungsbedarf aus.
Veröffentlicht:![Die vielen kleinen Verlierer der Corona-Pandemie Unter anderem wegen der Schul- und Kitaschließungen haben Zukunftsängste, Leistungsdruck und Vereinsamung bei Kindern und Jugendlichen zugenommen. Das belegt ein Bericht.](/Bilder/Unter-anderem-wegen-der-Schul-und-Kitaschliessungen-haben-196731.jpg)
Unter anderem wegen der Schul- und Kitaschließungen haben Zukunftsängste, Leistungsdruck und Vereinsamung bei Kindern und Jugendlichen zugenommen. Das belegt ein Bericht.
© Bodo Schackow/dpa
Berlin. Die Situation von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Pandemie ist zwiespältig: Zwar tragen sie ein geringeres Risiko für schwere Krankheitsverläufe nach einer Infektion. Gleichzeitig führen Einschränkungen im privaten wie öffentlichen Leben zu starken Belastungen, die körperliche und seelische Folgen nach sich ziehen. Kinder- und Jugendärzte hatten diesen Befund zuletzt mehrfach gestellt – nun schließt sich dem auch die Bundesregierung an.
Die Pandemie, heißt es in einem dem Bundeskabinett vorgelegten Bericht des Gesundheits- und des Familienministeriums, habe bei allen jungen Menschen zu Unterbrechungen bei „Qualifizierung, Verselbstständigung und Selbstpositionierung“ geführt. Infolge von Schul- und Kitaschließungen sowie Kontaktbeschränkungen hätten bei Kindern und Jugendlichen Zukunftsängste, Leistungsdruck und Vereinsamung wie auch psychische Belastungen zugenommen. Mangelnde soziale Interaktion, übermäßiger Medienkonsum, Bewegungsmangel und Fehlernährung während der Pandemie stellten ein Risiko für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen dar.
Schulen nach den Ferien im Regelbetrieb öffnen
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief Länder und Kommunen dazu auf, die kommenden Wochen zu nutzen, um Schulen und Kitas nach dem Sommer im Normalbetrieb öffnen zu können. „Die notwendigen Werkzeuge wie Testen, Impfen, Lüften oder Filteranlagen sind alle da“, sagte Spahn. Sie müssten nun in klugen Konzepten umgesetzt und gelebt werden. „Das sind wir den Jüngsten in unserer Gesellschaft nach diesen harten Monaten der Pandemie schuldig.“
Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) betonte, die Bundesregierung habe früh reagiert, um die Belastungen für junge Menschen abzufedern. Sie verwies auf das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ sowie eine Kampagne für mehr Bewegung. Es sei gut, dass sich die Länder ab Herbst zum Präsenzunterricht unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen bekannt hätten, betonte Lambrecht. „Ein sicherer Regelbetrieb hat oberste Priorität.“ Spahn und Lambrecht riefen dazu auf, allen impfwilligen Kindern und Jugendlichen ein Impfangebot zu machen.
Aus Sicht des Deutschen Lehrerverbands ist eine Rückkehr zum Regelbetrieb an Schulen nach den Sommerferien alles andere als ein Selbstläufer. Es gebe hier noch Handlungsbedarf, sagte Verbandschef Heinz-Peter Meidinger dem „Deutschlandfunk“ am Donnerstag. Bislang hätten etwa nur wenige Bundesländer Förderprogramme zur Installation von Raumluftfiltern aufgelegt. Stünden Mittel dafür bereit, würden diese nur zögerlich abgerufen. Das vom Bund aufgelegte Förderprogramm wiederum springe zu kurz, da es nicht für alle weiterführenden Schulen gelte.
Corona-Soforthilfe für psychisch kranke Kinder
Auch die Grünen-Fraktion im Bundestag warf der Regierung mit Blick auf die Situation von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie Versäumnisse vor. Dringlich sei jetzt eine „Corona-Soforthilfe“ für psychisch kranke Kinder und Jugendliche. „Je früher Kinder und Jugendliche Hilfe und Unterstützung erhalten, desto besser lassen sich psychische Probleme behandeln“, erklärten die Grünen-Politikerinnen Maria Klein-Schmeink und Dr. Kirsten Kappert-Gonther.
Wartezeiten auf eine Kinder- und Jugendpsychotherapie müssten verkürzt und seelisch schwer kranken Kindern und Jugendlichen ein Anspruch auf ambulante Komplexleistungen gewährt werden. Ärzte, Jugendhilfe und Eingliederungshilfe müssten besser zusammenarbeiten.