Krankenkassen
Disput um Finanzausgleich verschärft sich
BERLIN. Der Streit zwischen den Krankenkassen um den Risikostrukturausgleich (RSA) eskaliert. Mit Verweis auf endgültige Zahlen aus dem RSA für das vergangene Jahr warnen Ersatz-, Betriebs- und Innungskassen vor "massiven Fehlsteuerungen", die die finanzielle Schieflage der Kassen verschärfe. Die Differenz zwischen den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds und den tatsächlichen Leistungsausgaben habe sich seit 2012 immer weiter auseinanderentwickelt. Hier verzeichneten die AOKen im vergangenen Jahr eine Überdeckung von 1,52 Milliarden Euro. Dagegen ergebe sich bei allen anderen Kassenarten eine Unterdeckung, die sich im Vorjahr beispielsweise bei den Ersatzkassen auf 983 Millionen Euro addiere.
Für jeden Versicherten hätten die AOKen im Vorjahr 221 Euro mehr Zuweisungen erhalten als der GKV-Durchschnitt, argumentieren vdek sowie die Dachverbände von IKK und BKK. Hinzu komme, dass sich die Ortskassen in ihrer Versichertenstruktur verjüngt haben – das Durchschnittsalter sank von 45,48 (2012) auf 44,36 (2016) Jahre. Dies mache sich auch bei den Leistungsausgaben bemerkbar.
Die unterschiedliche Finanzentwicklung bei den Kassenarten lasse sich nicht durch die Ausgabenentwicklung begründen, so das Fazit der drei Kassenverbände. Ein "Weiter so" würde bedeuten, dass die Zusatzbeiträge auseinandergehen und die Marktkonzentration in einzelnen Regionen weiter zunimmt. Aktuell habe die AOK in Sachsen bereits einen Marktanteil von 56 Prozent, in Thüringen sind es 48 Prozent.
Der AOK-Bundesverband verwies in einer Replik auf die günstige Finanzentwicklung aller Kassen. Da wirke es "befremdlich", wenn "einzelne Kassenfunktionäre" kurzfristigen Handlungsbedarf sähen und "Vorschaltgesetze" fordern, monierte Martin Litsch, Chef des AOK-Bundesverbands. Allen Beteiligten sei zu raten, sich auf die Kernaufgabe der Gestaltung von Versorgung zu konzentrieren, forderte er.
Litsch warb dafür, die Analyse des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesversicherungsamts "ernstzunehmen". Die Expertengruppe hatte in ihrem im Oktober vorgelegten Sondergutachten kurzfristigen Handlungsbedarf verneint. Der Vorsitzende des Gremiums, der Gesundheitsökonom Professor Jürgen Wasem, attestierte dem RSA, "leistungsfähig" zu sein.
Skeptisch zeigte sich das Gremium mit Blick auf Maßnahmen, die isoliert auf eine finanzielle Umverteilung zwischen Kassen oder Kassenarten zielen. Denn dies verschlechtere die Leistungsfähigkeit des Finanzausgleichs, hieß es.(fst)