EU-Verordnung

Dobrindts "Luftnummer" lässt Rettungsflieger aufatmen

Eine EU-Verordnung verunsichert Deutschlands Kliniken und Luftretter. Jetzt hat der Verkehrsminister tief in die Trickkiste gegriffen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Erfüllt alle EU-Vorgaben: "Christoph Berlin" auf dem Dach des Unfallkrankenhauses Berlin.

Erfüllt alle EU-Vorgaben: "Christoph Berlin" auf dem Dach des Unfallkrankenhauses Berlin.

© Robert Schles / dpa

BERLIN. Die Uhr tickt. Ab dem 28. Oktober 2014 müssen Hubschrauber-Landeplätze laut einer EU-Verordnung strengere Vorschriften erfüllen als bisher. Das betrifft unmittelbar auch die Luftrettung in Deutschland.

An rund 800 Landeplätzen, auch in der unmittelbaren Umgebung von Kliniken, herrscht Unsicherheit, ob dort überhaupt noch Rettungshubschrauber starten und landen dürften. Das sind Plätze, die zum Beispiel die Anforderungen an die Hindernisfreiheit, Markierungen, Befeuerungen und Brandschutz nicht erfüllen.

Doch auch sie haben eine Zukunft. Am Mittwoch hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Wogen zunächst geglättet. "Jedes Krankenhaus kann weiterhin in einer unmittelbaren Notlage des Patienten angeflogen werden, wenn der Pilot dies als sicher einschätzt", ließ Dobrindt verbreiten.

Dazu will er sich eines Kniffs bedienen. Sämtliche Landeplätze, die zum Stichtag die Anforderungen der Europäischen Union nicht erfüllen, sollen in "Landestellen von öffentlichem Interesse" umgewandelt werden. Das soll den Weiterbetrieb ermöglichen.

Schon derzeit werden zahlreiche Landeplätze an Krankenhäusern mit einer Ausnahmegenehmigung nach Paragraf 25 des Luftverkehrsgesetzes betrieben.

Gleichzeitig soll die Betriebssicherheit mit vorerst geringem Aufwand verbessert werden. Dazu zählen Kennzeichnungen und das Bereitstellen von Feuerlöschern. Ein erwünschter Nebeneffekt der Nachrüstungen: Erstmals werden bundesweit alle Landestellen an Krankenhäusern erfasst.

Der ADAC, die Deutsche Rettungsflugwacht (DRF) und die Bundespolizei erheben derzeit diese Daten. Die Luftrettungsunternehmen gehen derzeit von rund 1600 Außenlandestellen in der Grauzone aus. Dazu zählen auch die meisten Landestellen an Krankenhäusern. Hinzu kommen rund 500 genehmigte Hubschrauberflugplätze.

Die von Dobrindt angestrebte Lösung findet verhaltene Zustimmung auch bei Ärzten. "Es ist zu begrüßen, dass der Minister Ärzten und Patienten Luft verschaffen will", sagte Professor Alexander Ekkernkamp der "Ärzte Zeitung".

Der ärztliche Direktor des Unfallkrankenhauses Berlin-Marzahn (UKB) verwies aber darauf, dass die EU-Anforderungen entwickelt worden seien, um die Sicherheit zu erhöhen. Die provisorischen Verbesserungen der Landeplätze könnten daher nur für einen zeitlichen Aufschub sorgen.

Aufatmen bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft. "Die medizinische Notfallversorgung für Schwerstkranke ist damit zunächst gesichert", sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Die Vertreter der Kliniken hatten damit gerechnet, dass wegen der EU-Vorgaben rund die Hälfte der Landeplätze hätte aufgegeben werden müssen.

Sorgen bereitet nach wie vor der Unwillen der Länder, mehr in die Kliniken zu investieren. Sollten Landeplätze auf Klinikdächer verlegt werden müssen, würden bauliche Investitionen in Millionenhöhe fällig.

Die EU-Kommission verweist darauf, dass die Verordnung Ausnahmen für Rettungshubschrauber zulasse. Die Beschaffenheit der Plätze und Nutzungbeschränkungen seien Sache der deutschen Behörden. Die rund 90 Rettungshubschrauber, inklusive der "fliegenden Intensivstationen", in Deutschland haben im vergangenen Jahr zu rund 80.000 Einsatzflügen abgehoben.

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