Drei Präsidenten - und ein harter Arbeits-Ärztetag
Präsidenten der Bundesärztekammer brauchen zwei wichtige Eigenschaften: eine gute Kondition und Sitzfleisch. Bei dem am Freitag zu Ende gegangenen Ärztetag in Kiel wurde dies gleich dreifach bewiesen.
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Nach der Wahl: Die neue Spitze der Bundesärztekammer - im zweiten Wahlgang bekam Frank Ulrich Montgomery (2. v. l.) eine Mehrheit.
© Frank Schischefsky
KIEL. Schon Wochen vor dem Ärztetag wurde spekuliert, ob der scheidende Präsident der Bundesärztekammer, Professor Jörg Dietrich Hoppe, nicht die Sitzungsleitung an einen seiner Vizepräsidenten abgeben würde.
Der Hintergrund: Hoppe war nach einer Operation Ende vergangenen Jahres sichtlich geschwächt und hatte, obschon gertenschlank, einige weitere Kilos verloren. Die Diagnose des Pathologen nach einem gründlichen medizinischen Check: "Kerngesund". Nur miserables Essen in der Klinik habe ihn ausgezehrt.
Um alle Lügen zu strafen: Hoppe absolvierte zwar mit sparsamer Rhetorik, aber eiserner Disziplin die Eröffnungsveranstaltung, das gesamte gesundheitspolitische Programm einschließlich der Beratungen zu PID und ärztlicher Sterbegleitung am Dienstag und Mittwoch, bis am Donnerstag schließlich die Neuwahlen anstanden.
Das wiederum war die Stunde seines Vorgängers, Professor Karsten Vilmar. Mit Genuss übernahm der 81jährige den Vorsitz beim gesamten Wahlprocedere und führte die Delegierten, garniert mit süffisanten Bemerkungen, von Wahlgang zu Wahlgang.
Dass der Nachfolger Hoppes, Dr. Frank Ulrich Montgomery, aus ähnlichem Holz geschnitzt ist, steht außer Zweifel. Rhetorische Brillanz ist eine der ersten Markierungen, die die bundesdeutsche Presse vorgenommen hat.
Die kann sich sogar auf Hoppe berufen. Der hatte bei seinem Abschied quasi Kopfnoten an seine wichtigsten Mitstreiter im Vorstand vergeben und Montgomery mit den Worten gedankt: "Er hat mir sehr viel Arbeit abgenommen; ich brauchte mich nicht um die Presse zu kümmern."
Der Ärztetag von Kiel hat der Ärzteschaft einen neuen Kopf an der Spitze gebracht - und ein neues Team in der Führung der Bundesärztekammer: mit den Vizepräsidenten Dr. Martina Wenker (Niedersachsen) und Dr. Max Kaplan (Bayern).
Eines ist gewiss: Der Ärztetag hat in Kiel hart gearbeitet. Der herbe Charme der Stadt an der Förde bot wenig Ablenkung. Auch die einstige Ostseehalle, heute "Sparkassen-Arena" genannt, sorgte für nüchterne Arbeitsatmosphäre: hinter 15 Meter hohen grauen Verkleidungen, eine Maßnahme zur besseren Beschallung der Sportarena des THW Kiel, in dem sonst die Worte verhallt wären.
Ein Arbeitsbunker, in dem sich die Ärztetagsdelegierten, so hieß es hinter vorgehaltener Hand, wenigstens eine bessere Versorgung mit Kaffee gewünscht hätten.
So bescheiden sind die Repräsentanten der deutschen Ärzteschaft. Nächstes Jahr beraten sie in Nürnberg, 2013, so der letzte Beschluss des Ärzetages, in Hannover.