Gegen den Krebs
EU-Aktionsplan weckt hohe Erwartungen
Der EU-Aktionsplan gegen Krebs kommt Ende 2020. Das Europäische Parlament richtet einen Sonder-Ausschuss ein – Medikamente sollen auf den Prüfstand.
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EU-Aktionsplan gegen Krebs: Die Abgeordneten haben sich drei Schwerpunkte gesetzt.
© Michael Kappeler/dpa
Brüssel. Am kommenden Dienstag will die EU bei einer großen Konferenz zum Thema Krebsbekämpfung in der Gemeinschaft den Startschuss geben. Nur wenige Tage später tritt zum ersten Mal der in der Vorwoche ins Leben gerufene Sonder-Ausschuss des EU-Parlamentes zusammen.
Mit rund 30 Mitgliedern aus allen Fraktionen dürfte er deutlich kleiner werden, als Ausschüsse normalerweise sind. Ein Christdemokrat soll das Gremium führen. Peter Liese (CDU), gesundheitspolitischer Experte seiner Fraktion, hat bereits abgewinkt. Er will die Doppelbelastung mit dem Umweltausschuss, in dem der Green Deal organisiert wird, vermeiden. Und doch dürfte der frühere Arzt eine tragende Rolle spielen.
„Jeder weiß, wie schrecklich die Krankheit ist, weil praktisch jeder im Freundes- oder Familienkreis erlebt hat, wie jemand an Krebs erkrankt oder sogar daran gestorben ist“, sagte Liese am Mittwoch in Brüssel. „Das gilt auch für die meisten EU-Politiker.“ Es betrifft auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die neue EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides, die beide die Offensive gegen den Tumor mittragen und bei der Konferenz sprechen.
Auch Patienten und Ärzte werden gehört
Kurz danach plant die EU-Behörde den Start einer öffentlichen Konsultation, an der sich Patienten, Angehörige, Mediziner, Forscher, Apotheker und Pharma-Vertreter beteiligen können. „Wir wollen die Anregungen von Betroffenen und Experten“, sagte Liese. Parallel dazu beginnen die Anhörungen von Fachleuten durch die Abgeordneten. Für Ende 2020 ist dann nicht nur ein Schlussbericht, sondern der Beschluss eines „Aktionsplanes gegen Krebs“ vorgesehen.
Wer die Verlautbarungen im Forschungsausschuss der Abgeordnetenkammer und den gesundheitspolitischen Programmen der Fraktionen liest, findet immer wieder die Zusage, in zehn, manche sagen 20 Jahren solle in der EU keiner mehr an Krebs sterben. Ein ehrgeiziges Ziel.
Der Sonder-Ausschuss wird kein rein medizinisches Gremium bleiben, sondern breit angelegt sein. Sozialpolitiker und Beschäftigungsexperten wollen etwa die Frage der Diskriminierung von ehemaligen Krebspatienten, die geheilt sind, aber immer noch als „nicht belastbar“ gelten, angehen. Umwelt- und Gesundheitsexperten müssten beraten, wie exogene Krankheitsfaktoren wie Feinstaub bekämpft werden sollten, um Neuerkrankungen zu verhindern.
Forschungsmittel sollen aufgestockt werden
Die Abgeordneten haben sich drei Schwerpunkte gesetzt: Im Bereich der Forschung will man versuchen, die zur Verfügung stehenden Mittel von 2021 bis 2027 von derzeit 94 auf 120 Milliarden Euro zu erhöhen. Um wissenschaftliche Grundlagenarbeit zu ermöglichen, soll es einen Zugriff auf die vorhandenen Krebsregister von Mitgliedstaaten und Bundesländern geben. Dazu müssten die Daten vergleichbar gemacht und der Datenschutz garantiert sein.
Zudem sollen unter dem Stichwort „Arzneimittel und Therapien“ vorhandene Konzepte auf den Prüfstand. Beispiel: Immer mehr deutsche Brustkrebs-Patientinnen fahren zur Behandlung nach Belgien, weil die dort angewendeten Therapien in Deutschland noch nicht erprobt seien, sagte Liese. Außerdem müssten die europäischen Gremien schnell Lieferengpässe beseitigen, unter der auch Krebs-Patienten leiden.
„Im Moment gibt es zwar viele neue Medikamente, nur wenige davon bringen aber substanzielle Fortschritte in der Therapie“, hieß es. Der Internationale Weltkrebstag am 4. Februar dürfte für den Start eine gute Wahl sein.