Medizintechnik

Medizinprodukte-Verordnung lässt Hersteller bangen

Die Stimmung in den Chefetagen deutscher MedTech-Firmen hat sich eingetrübt. Hauptursache ist die EU-Medizinprodukte-Verordnung zum Mai 2020. Die Fristen seien nicht umsetzbar, warnt der Branchenverband BVMed.

Von Thomas Hommel Veröffentlicht:
Schlecht gelaunt: Die MedTech-Branche fürchtet wegen einer EU-Verordnung zu Medizinprodukten kompliziertere, langwierigere Verfahren – auch für bereits auf dem Markt befindliche Produkte.

Schlecht gelaunt: Die MedTech-Branche fürchtet wegen einer EU-Verordnung zu Medizinprodukten kompliziertere, langwierigere Verfahren – auch für bereits auf dem Markt befindliche Produkte.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Berlin. Vertreter der deutschen Medizintechnik-Branche blicken mit Sorge in die Zukunft. Hauptgrund ist die neue Medizinprodukte-Verordnung der Europäischen Union (EU). „Wir befürchten, dass die Patientenversorgung leiden wird, wenn bis zum Geltungsbeginn nicht alle Produkte zertifiziert werden konnten“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) Dr. Meinrad Lugan am Dienstag.

Neuzertifizierung aller Produkte

Die EU-Verordnung greift ab dem 26. Mai 2020. An diesem Stichtag sollen sämtliche Medizinprodukte in den EU-Staaten – das heißt nicht nur neu einzuführende, sondern auch bereits auf dem Markt befindliche Artikel, neu zertifiziert sein. Ein Anlass der verschärften Regeln war der „PIP-Skandal“ in Frankreich. Damals waren minderwertige Brustimplantate in Verkehr gebracht worden. Die Implantate hatten bei Frauen – auch in Deutschland – zu schweren gesundheitlichen Schäden geführt.

Zuletzt war spekuliert worden, ob in der EU überhaupt genügend qualifizierte Prüfinstitute, „Benannte Stellen“, bereitstehen, um alle Produkte zu prüfen und neu zu zertifizieren. Laut Branchenverband BVMed wären rund 500 000 Produkte betroffen.

Die EU-Verordnung werde bestehende personelle Ressourcendefizite bei den Zertifizierungsstellen weiter verschärfen, sagte BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Zudem sei im Zuge des neuen Rechtsrahmens mit längeren und aufwendigeren Bewertungsverfahren sowie steigenden Produktpreisen zu rechnen.

Das werde nicht ohne Folgen für die an sich stabile MedTech-Branche bleiben. Knapp 90 Prozent der Unternehmen befürchteten, dass infolge der neuen EU-Verordnung Produkte vom Markt genommen oder erst gar nicht auf den Markt gebracht würden, sagte Möll unter Verweis auf die aktuelle Herbstumfrage des Verbands unter mehr als 100 Firmen der Medizintechnik-Branche.

Etwa zwei Drittel von ihnen fordern demnach, die Zertifizierung für Bestandsprodukte durch eine „Großvaterregelung“ zu vereinfachen oder im Sinne des Bestandsschutzes ganz entfallen zu lassen. Obendrein sei die Übergangsfrist für die Zertifizierung neu auf den Markt kommender Medizinprodukte zu verlängern. „Damit ließe sich die harte Deadline im Mai 2020 vermeiden“, betonte BVMed-Vorstandschef Lugan. Die Diskussion über einen Aufschub sei in Berlin und Brüssel inzwischen angekommen. Allerdings müssten das Europäische Parlament und auch der Europäische Rat dem Verfahren zustimmen.

Klage über lange Zulassungswege

Laut BVMed-Herbstumfrage hat sich die Stimmung in der Branche zuletzt „deutlich eingetrübt“. Die erwartete Umsatzsteigerung im Inland sei mit 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr (4,2 Prozent) „stark rückläufig“. Gleichwohl sei der Medizinprodukte-Standort in Deutschland nach dem in den USA weiter der zweitgrößte der Welt. Zu seinen Stärken zählten das hohe Versorgungsniveau der Patienten, gut ausgebildete Fachkräfte sowie gute Rahmenbedingungen für den Export. Als lähmend bewerten viele Anbieter hingegen die ihrer Ansicht nach unzureichende Forschungsförderung bei Medizinprodukten und die Marktzulassung neuer Artikel. BVMed-Vorstand Lugan lobte in diesem Zusammenhang das geplante Implantateregister-Gesetz. Dieses sähe auch vor, Verfahren zur Methodenbewertung im Gemeinsamen Bundesausschuss zu beschleunigen. „Das geht nach wie vor viel zu lang.“

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