Ein Schritt zurück bei MVZ, ein Schritt vor beim Bachelor

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, stellt in mehreren Interviews zentrale Punkte aus dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag in Frage. So soll es zum Beispiel bei den bestehenden Regeln zum Besitz von Medizinischen Versorgungszentren bleiben.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen und Rebecca Beerheide Veröffentlicht:

"Wir sollten darüber nachdenken, es bei MVZ bei den bestehenden Regeln zu belassen." (Jens Spahn, Gesundheitspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion)

KÖLN / NEU-ISENBURG. Wenn es nach dem gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn geht, werden Krankenhäuser auch in Zukunft Medizinische Versorgungszentren (MVZ) betreiben können. Der Unionspolitiker sieht keinen Grund, von der bisherigen Praxis abzuweichen.

Laut Koalitionsvertrag sollen Kliniken in Zukunft nur noch in Ausnahmefällen die Mehrheit an MVZ halten können. Zurzeit können die Einrichtungen sowohl von Niedergelassenen als auch von Krankenhäusern betrieben werden. "Mein Eindruck ist, dass das vor Ort in aller Regel wesentlich harmonischer abläuft, als wir das in Berlin vermuten und diskutieren", sagt Spahn der "Ärzte Zeitung". Ärzte und Kliniken vor Ort wüssten, dass sie einander brauchen, um erfolgreich zu sein. "Daher sollten wir darüber nachdenken, es bei den bestehenden Regeln zu lassen", so Spahn.

Für nötig erachtet er allerdings Änderungen bei der Bedarfsplanung. Diese sollte in manchen Bereichen kleinräumiger gestaltet werden, so dass ein MVZ nicht alle frei werdenden Arztsitze einer Region aufkaufen könne. "Das ist es doch, was viele Menschen in Flächenkreisen zu Recht aufregt", betonte Spahn. Wichtig ist ihm bei den MVZ ein weiterer Aspekt: Insbesondere Ärztinnen böten die Zentren eher die Möglichkeit, Familie und Berufstätigkeit unter ein Dach zu bekommen, als die bisher etablierten Strukturen in Klinik und Praxis.

Auch am Medizin-Studium soll sich nach Ansicht von Spahn einiges ändern: "Es kann Sinn machen, über ein mehrstufiges Studium nachzudenken", so Spahn in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Medizin komme nicht um eine Diskussion der "Bachelor-Frage" herum, so Spahn.

Die Umstellung des Medizin-Studiums auf Bachelor und Master-Abschlüsse wird seit Jahren heftig diskutiert. Reform-Befürworter sehen in der Umstellung die Chance auf mehr Flexibilität und Gestaltungsspielraum. Die Kritiker sehen in der Umstellung, dass ein "Arzt-light" nach drei Studienjahren entstehen könnte. Auf einer Tagung des Medizinischen Fakultätentages hatte GesundheitsStaatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) erst kürzlich klar gestellt, dass das Ministerium keine Notwendigkeit für eine Reform sieht (wir berichteten).

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Kommentare
Dr. Jürgen Schmidt 14.04.201011:19 Uhr

Bachelor gleich Barfußarzt? Alles schon mal dagewesen!

Zur Diskussion um eine Neugliederung des Studiums der Medizin mit Bachelor und Masterabschlüssen sollte man sich an Ideen der Gesundheitspolitiker aus alten Zeiten erinnern. In den 70er Jahren kursierte die Idee, den "Hausarzt" auf niedrigem Weiterbildungsniveau, ohne wesentliche Technik und insofern insgesamt kostengünstig ( für die Kassen) zu etablieren. Dieser Vorstellung wirkte die Ärzteschaft mit der Schaffung der strukturierten Weiterbildung zum Allgemeinarzt, später des Facharztes für Allgemeinmedizin und weiteren Aufwertungen der Weiterbildung geschickt entgegen. In den 90er Jahren machte die Arbeitsgemeinschaft Leitender Medizinalbeamter der Länder, die Denkfabrik der Landesgesundheitsminister, einen neuen Anlauf zur Schaffung eines (Barfuß)Basisarztes, unter der Vorstellung, der "Grenznutzen" insbesondere der "apparativen Medizin" sei erreicht.
Vielleicht zwingt uns ja wirklich die demografische Entwicklung und die Zunahme des Versorgungsbedarfs einerseits und die abnehmende Hausarztdichte andererseits zu solchen Überlegungen.
Diese dann umzusetzen bedeutet jedoch das Ende des Allgemeinarztes und erfordert zugleich eine Zunahme der Facharztdichte.
Wer die zahlreichen Reformer, die sich derzeit aus allen Lagern äußern, und ihr Ideengut betrachtet, muss zwei Dinge konstatieren: Alles schon mal dagewesen und klüger scheint man nicht geworden zu sein

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