Terminpflicht

Eine neue Idee mit großem Frustpotenzial

Landärzte zu finden wird immer schwerer. Das bestätigt auch das Gutachten des Sachverständigenrats. Manche politische Ideen verschlimmbessern die Lage womöglich, meinen Experten. Ein aktuelles Beispiel ist die viel diskutierte Terminpflicht.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Neun Uhr - mit Zwang?

Neun Uhr - mit Zwang?

© Doc RaBe / fotolia.com

KIEL. "Sie können nicht von Ärzten erwarten, dass sie sich in Regionen niederlassen, aus denen alle anderen wegziehen", steht für Dr. Volker Leienbach fest. Der PKV-Verbandsdirektor konnte jedoch in Kiel auch keine Patentlösung für die ambulante Versorgung der verbleibenden Bevölkerung dieser Regionen präsentieren.

Deutlich wurde, dass die derzeitige Versorgungssituation sich in den meisten Regionen nicht verbessern wird. Denn für Schleswig-Holsteins KV-Vorstand Dr. Ralph Ennenbach steht fest, dass viele der derzeit geleisteten Termine nur durch Altruismus und hohe Einsatzbereitschaft der freiberuflich tätigen Ärzte möglich sind: "Die budgetierte Medizin funktioniert heute nur noch aufgrund des hohen Pflichtbewusstseins der Ärzte." Ennenbach forderte, das "knappe Gut" Arzt schonender zu behandeln.

Auswertungen der KV zeigten, dass der Auslastungsgrad des Punktzahlvolumens in fast allen Fachgruppen über 120 Prozent liegt. So erklären sich auch die in der Öffentlichkeit zuletzt diskutierten Wartezeiten auf Arzttermine.

Ennenbach verwies in diesem Zusammenhang aber auf Untersuchungen, wonach Wartezeiten in erster Linie für präventive Untersuchungen, weniger für akut erforderliche Behandlungen anfallen. Sollte es tatsächlich zu einer Verpflichtung für Ärzte kommen, einen Termin innerhalb bestimmter Fristen zu erteilen, erwartet Ennenbach eine nachlassende Bereitschaft der niedergelassenen Ärzte, weiterhin deutlich mehr zu leisten als honoriert wird.

Eine lokale Lösung gegen den Ärztemangel können Ärztezentren in kommunaler Trägerschaft sein. Solche Zentren werden derzeit an drei Standorten in Dithmarschen geplant. Eng eingebunden in die Entwicklung ist dabei das Westküstenklinikum (WKK) Heide.

Dessen Geschäftsführer Harald Stender berichtete auf dem vom Institut für Mikrodaten-Analyse veranstalteten Kongress von akutem Handlungsbedarf in seiner Region. Innerhalb von fünf Jahren wird sich dort nach seinen Angaben jeder zweite Hausarzt nach einem Nachfolger umschauen.

Die Klinik spürt die angespannte Situation schon heute. Ihr werden viele Arztsitze angeboten und Patienten wenden sich immer häufiger mit ambulanten Routinefragen an die zentrale Notaufnahme.

Das WKK hat darauf reagiert, indem es derzeit elf Allgemeinmediziner in der Weiterbildung hat. Stender hofft, dass sich einige von ihnen in der Region niederlassen oder in einem der kommunalen Zentren als angestellte Ärzte arbeiten werden. Außerhalb Dithmarschens sind solche Aktivitäten noch Ausnahmen.

Stender forderte Städte und Kreise auf, verstärkt tätig zu werden, um die ambulante Versorgung zu stützen. Sein Eindruck: "Es gibt Kreise, in denen noch komplett geschlafen wird."

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