Leitartikel zur Beschneidung
Eine sachliche Debatte ist kaum möglich
Bei der Debatte über den Gesetzentwurf zur Beschneidung treffen medizinischer Sachverstand und juristische Gutachten auf eine jahrtausendealte Tradition zweier Weltreligionen. Das führt zum Teil zu erheblichem gegenseitigen Unverständnis.
Veröffentlicht:
Die Vorhaut eines Kindes wird nach einer Beschneidung in ein Gefäß gelegt.
© Kay Nietfeld / dpa
Es gibt Themen, über die sich schwer rein sachlich diskutieren lässt. Dazu gehören Schwangerschaftsabbrüche, Sterbehilfe oder seit dem Urteil des Kölner Landgerichts vom 7. Mai dieses Jahres die Beschneidung von Jungen.
Wenn der Bundestag, wahrscheinlich noch in diesem Jahr, den Gesetzentwurf der Regierungskoalition verabschiedet, wird "das Gesetz zu größerer Rechtssicherheit führen, aber voraussichtlich nicht zu einem vollständigen Rechtsfrieden".
Zu diesem Ergebnis kommt der Göttinger Juraprofessor Hans Michael Heinig. Er war einer von elf Sachverständigen, die am Montag bei der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestages zu dem Gesetzentwurf der Koalition und zur Gesetzesinitiative von 66 Abgeordneten der Opposition Stellung genommen haben.
Heinigs Einschätzung beschreibt das Dilemma. Es kann keine Lösung geben, die alle Seiten zufriedenstellt. Dazu ist das Thema zu komplex, die Sichtweisen sind unvereinbar, auch wenn jede für sich ehrenwert und nachvollziehbar ist.
Hier kollidieren medizinische Studien und Einschätzungen sowie juristische Gutachten mit jahrtausendealten Traditionen zweier Weltreligionen. Das macht die Debatte emotional und deshalb schwierig ...