Arzneizulassung
England drückt aufs Tempo
Große Pläne hat der für Life Sciences zuständige Minister in Großbritannien. Neue Medikamente sollen schneller als bisher zum Patienten. Die Zulassungsbehörden werden generalüberprüft.
Veröffentlicht:LONDON. In Großbritannien zeichnen sich Reformen bei der Kostenerstattung verschreibungspflichtiger Arzneimittel ab. Die Londoner Regierung hat angedeutet, sie wolle die Regeln ändern, nach denen verschreibungspflichtige Medikamente im staatlichen Gesundheitswesen zum Patienten gelangen. Ärzte und Industrie beobachten den Vorstoß mit Interesse.
Wie der für Life Science zuständige Minister George Freeman Journalisten in London sagte, sei das derzeitige System der nationalen Arzneimittelzulassung und Kostenerstattung "veraltet" und "nicht mehr zeitgemäß".
Der Minister wörtlich: "Das alte Zulassungs- und Erstattungssystem des ,one size fits all‘ ist überholt und ein Auslaufmodell. Es wird künftig ersetzt von einem System, das die neue Generation von auf den einzelnen Patienten individuell zugeschnittenen Präparaten in den Mittelpunkt stellt." Damit meint der Minister offenbar auch gentechnisch hergestellte Medikamente. Ziel müsse es sein, neue Arzneimittel und Therapien "schneller als bisher zum verschreibenden Arzt und Patienten" zu bringen.
Dem Minister schwebt eine Halbierung der Zulassungszeiten für ein neues Medikament vor. Das wird von den Pharmaverbänden wie der Association of British Pharmaceutical Industry (ABPI) und von den ärztlichen Berufsorganisationen grundsätzlich begrüßt. Allerdings sei eine Halbierung sehr ambitioniert, hieß es.
Freeman, der als industriefreundlicher Pragmatiker gilt, kündigte an, sowohl die Arbeitsweise der britischen Evaluierungsbehörde (National Institute of Clinical Excellence, NICE) als auch der Aufsichtsbehörde (Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency) unter die Lupe zu nehmen.
Ziel ist es, in der ersten Jahreshälfte 2015 eine Zwischenbilanz zu ziehen und Vorschläge zu unterbreiten, wie Zulassung- und Kostenerstattungsregeln reformiert werden können. Dabei sollen auch persönliche Patientendaten wie Verschreibungsdaten und Krankheitsgeschichte stärker berücksichtigt werden.
Dagegen rechnen gesundheitspolitische Beobachter nicht damit, dass die angepeilten Reformen vor 2019 direkt die Preisfindung beeinflussen werden. 2019 endet das derzeit gültige Preisabkommen zwischen dem staatlichen Gesundheitsdienst und den Pharmaherstellern.
Der NHS hat im vergangenen Jahr mehr als 14 Milliarden britische Pfund (rund 17,8 Milliarden Euro) für verschreibungspflichtige Medikamente bezahlt.