Beteiligung von Patientinnen
Erkrankte empfinden Teilnahme an Tumorkonferenzen als positiv
In Tumorkonferenzen wird viel über die Erkrankung gesprochen – aber selten mit den Erkrankten. Ob die Patienten aber davon profitieren in der Spezialistenrunde dabei zu sein, hat eine Studie untersucht.
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Konsil im Centrum für integrierte Onkologie an der Universitäts-Klinik in Köln vor einem Röntgenbild über die Diagnose. Oliver Berg / dpa (Archivfoto)
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Oldenburg/Bonn. Sollten Patienten an Tumorkonferenzen teilnehmen? Und welchen Nutzen bringt ihnen die Teilnahme an den Sitzungen, in denen Ärztinnen und Ärzte aus unterschiedlichen Fachdisziplinen über die komplexen Krebserkrankungen sprechen?
Diese Fragen sind weitgehend unerforscht: „Ob Patientinnen und Patienten wirklich davon profitieren, wenn sie bei den oft sehr fachlichen Diskussionen dabei sind, ist bisher umstritten – und leider wenig untersucht“, sagt die Oldenburger Versorgungsforscherin Professor Lena Ansmann. Sie ist Erstautorin einer Studie, die jüngst im Journal „Cancer Medicine“ veröffentlicht wurde (DOI: 10.1002/cam4.4213) und diesen Fragestellungen bei Patientinnen mit Brustkrebs oder einem gynäkologischen Tumor nachgegangen ist. Beteiligt war ein Forschungsteam der Universität Oldenburg sowie der Unikliniken Bonn und Köln, gefördert von der Deutschen Krebshilfe.
Gesprächsbeteiligung uneinheitlich
Die meisten Befragten empfanden demnach die Teilnahme als positiv, teilte die Uni Bonn mit. Auch wenn sich laut den Erkenntnissen die Teilnahme sehr unterschiedlich darstellt: Manche Kliniken ließen die Patientinnen an der gesamten Konferenz teilnehmen. Andere hielten die eigentliche Konferenz ohne die Erkrankten ab, ließen sie aber anschließend an einer kleineren Runde teilhaben, die etwa über Therapieempfehlungen informierte.
Bisher böten nur wenige Brust- und Gynäkologische Zentren in Deutschland die Teilnahme an den Konferenzen an, schreiben die Autoren. Denn auch wenn der größte Teil aller Brustkrebspatientinnen in Deutschland derzeit an zertifizierten Krebszentren behandelt wird – Tumorkonferenzen seien hier zwar vorgeschrieben, eine Beteiligung der Betroffenen allerdings nicht.
„Aus vorangegangenen Studien wissen wir, dass etwa fünf bis sieben Prozent der Erkrankten schon einmal an einer Tumorkonferenz teilgenommen haben“, sagte Ansmann. „Soweit wir wissen, ist unsere Studie eine der ersten größeren Untersuchungen zu diesem Thema“, so Co-Autorin Professor Nicole Ernstmann von der Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und vom Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) Köln Bonn. Die Erkenntnisse sollen helfen, Empfehlungen für Kliniken zu entwickeln, die Betroffene in Tumorkonferenzen einbinden möchten.
Eher passive Rolle
Die Befragungen zeigten, dass die Erkrankten eine eher passive Rolle in den Konferenzen spielten. Nur 61 Prozent berichteten, an der Entscheidung zur Therapie beteiligt worden zu sein. Insgesamt nahmen die meisten Patientinnen den Angaben zufolge die Konferenzen als eher positiv wahr, empfanden sie etwa als informativ und empfahlen die Teilnahme weiter. Einige Betroffene berichteten allerdings, dass die Konferenzen bei ihnen Angst und Verunsicherung ausgelöst haben – ein Umstand, den künftige Untersuchungen stärker in den Blick nehmen müssten, betonte Ansmann.
Befragt hat das Forschungsteam 87 Patientinnen mit Brustkrebs oder einem gynäkologischen Tumor vor und direkt nach ihrer Teilnahme an einer Tumorkonferenz sowie vier Wochen später. Zum Vergleich befragten sie 155 Erkrankte, die nicht an der sie betreffenden Tumorkonferenz teilnahmen. Außerdem beobachtete das Team insgesamt 317 Fallbesprechungen in Tumorkonferenzen, entweder direkt sowie mithilfe von Video- und Tonaufzeichnungen. An 95 dieser Fallbesprechungen waren Betroffene beteiligt.