Etappensieg für Greenpeace gegen Stammzellenforscher

Generalanwalt beim EuGH betrachtet embryonale Stammzellen als Embryo mit menschlicher Würde.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

LUXEMBURG. Eine befruchtete Eizelle ist ein Embryo. Vom Zeitpunkt der Befruchtung an steht sie daher unter dem Schutz der Menschenwürde, meint der einflussreiche richterliche Rechtsgutachter beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), Yves Bot. In einem jetzt in Luxemburg vorgelegten Gutachten schlägt er ein Patentverbot für embryonale Stammzellen vor.

Streitig ist ein 1997 angemeldetes Patent des Bonner Neurobiologen Oliver Brüstle für neurale Vorläuferzellen. Er stellt sie aus menschlichen embryonalen Stammzellen her. Nach seinen Angaben werden diese Vorläuferzellen zur Behandlung von Parkinson und anderer neurologischer Erkrankungen bereits klinisch erprobt. Auf Klage der Umweltorganisation Greenpeace erklärte das Bundespatentgericht das Patent für nichtig. Brüstle legte Berufung bis zum Bundesgerichtshof ein, der Ende 2009 den EuGH anrief.

Laut EU-Biopatentrichtlinie sind "menschliche Embryonen" und der "menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung" nicht patentierbar. Nach Überzeugung des EuGH-Generalanwalts Bot gilt dies "für den menschlichen Körper vom ersten Stadium seiner Entwicklung an". Danach sei eine befruchtete Eizelle bereits ein Embryo, ebenso auch die sich daraus entwickelnde Blastozyste.

Aber auch künstlich erzeugte Zellen, die sich zu einem Menschen entwickeln können, seien "rechtlich als Embryonen zu werten", etwa eine Eizelle, in die der Zellkern einer ausgereiften Zelle transplantiert worden ist.

Bot argumentiert, auch solche totipotenten Zellen seien "das erste Stadium des menschlichen Körpers, zu dem sie werden". Der Europäische Gerichtshof wird sein abschließendes Urteil voraussichtlich im Frühsommer verkünden. Meist folgt er seinen Generalanwälten. Tut er dies auch hier, wären totipotente Zellen nicht mehr patentierbar.

Brüstles neurale Vorläuferzellen können sich allerdings nur noch zu Nervenzellen entwickeln. Dennoch will Bot auch sie vom Patentschutz ausschließen. Zur Begründung führt er an, dass das patentierte Verfahren totipotente Zellen nutzt und somit letztlich menschliche Embryonen zerstöre. Dies sei mit der Menschenwürde, auf die die Biopatentrichtlinie verweise, nicht vereinbar.

Wörtlich erklärte der Generalanwalt: "Eine Erfindung, die embryonale Stammzellen verwendet, industriell anzuwenden, hieße, menschliche Embryonen als banales Ausgangsmaterial zu benutzen. Eine solche Erfindung würde den menschlichen Körper in den ersten Phasen seiner Entwicklung instrumentalisieren." Dies verstoße gegen die Ethik und die öffentliche Ordnung.

Brüstle äußerte sich in Bonn "überrascht und unzufrieden" über Bots Position. Er verwende ausschließlich Zelllinien aus befruchteten Eizellen, die bei der künstlichen Befruchtung in großer Menge als "überzählig" anfallen.

Az.: C-34/10

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Runde der letzten 9

Gießener Dermatologin steht im Finale von Miss Germany

Probleme in ambulanter Versorgung

SpiFa: „Keine einzige Baustelle des Gesundheitswesens beseitigt“

Bessere Versorgungsqualität erwartet

Mecklenburg-Vorpommern: DMP Osteoporose ist gestartet

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger

Lesetipps
Die Autorinnen und Autoren resümieren, dass eine chronische Lebererkrankungen ein Risikofaktor für einen schweren Verlauf einer akuten Pankreatitis ist. Sie betonen aber, dass für eine endgültige Schlussfolgerungen die Fallzahlen teils zu gering und die Konfidenzintervalle zu weit sind.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Mehr Komplikationen, höhere Sterblichkeit

Akute Pankreatitis plus CLD – eine unheilvolle Kombination

Einweg-E-Zigaretten

© Moritz Frankenberg / dpa

Vaping

Konsum von fruchtigen E-Zigaretten im Trend