Anrollende Omikron-Welle
Expertenrat warnt vor Gefährdung der medizinischen Versorgung
Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung hat seine zweite Stellungnahme vorgelegt: Omikron-Infektionen verlaufen wohl milder, aber die schiere Zahl kann das Gesundheitssystem enorm belasten.
Veröffentlicht:Berlin. Der Expertenrat der Bundesregierung schließt am Vorabend des Bund-Länder-Coronagipfels am Freitag eine Gefährdung der medizinischen Versorgung in Deutschland innerhalb kurzer Zeit nicht aus.
„Alle medizinischen und pflegerischen Versorgungseinrichtungen müssen sich für die kommenden Wochen auf eine erhebliche Belastungssituation einstellen“, warnen die 19 Fachleute in ihrer zweiten Stellungnahme, die am Donnerstag verbreitet wurde.
Das Aufrechterhalten der Versorgung werde nur durch eine abgestufte Aussetzung planbarer Eingriffe und eine entsprechende Umverteilung von Personalressourcen möglich sein, heißt es in der Stellungnahme, die einstimmig gefasst wurde.
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Fachleute raten zu Patientenallokation
Auf regionaler Ebene sollte in enger Kooperation dringlich eine Patientenallokation im ambulanten und stationären Sektor organisiert werden. Die Experten plädieren zudem für „eine ausgewogene Quarantäneregelung“, die gleichzeitig den Erfordernissen des Infektionsschutzes insbesondere für vulnerable Gruppen gerecht werde.
Die Fachleute gehen somit von einer „erheblichen Belastung“, regional auch von einer Überlastung von Arztpraxen und Krankenhäusern durch die mit der Ausbreitung der Omikron-Variante erwarteten hohen Inzidenzwerte aus. Da auch Geimpfte sich infizieren könnten, entstehe ein Problem durch Personalausfälle durch Ansteckungen innerhalb der Belegschaften von Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Versorgungsstrukturen, warnen die Experten.
Impfen fördert mildere Verläufe
Der Expertenrat geht bei Infektionen mit der Omikron-Variante von einem milderen verlauf der COVID-19-Infektionen aus. Sie führten bezogen auf die Fallzahl zu seltener zu Krankenhausaufnahmen und schweren Verläufen.
Epidemiologische Analysen aus Großbritannien, Dänemark und den USA wiesen darauf hin, dass die Verringerung der relativen Krankheitsschwere auf die Impfungen und vorangegangene Infektionen eines Großteils der Bevölkerung zurückzuführen sei, zu einem weiteren Teil aber auch durch eine Verminderung der krankmachenden Eigenschaften des Virus.
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Die starke Infektionsdynamik drohe jedoch den gegenüber der Delta-Variante gegebenen Vorteil der milderen Krankheitsverläufe aufzuwiegen, halten die 19 Sachverständigen in ihrer zweiten Stellungnahme am Donnerstagnachmittag fest.
In einzelnen europäischen Ländern und den USA sei ein deutlicher Anstieg der Krankenhausaufnahmen zu beobachten. Im Vergleich zu vorangegangenen Infektionswellen seien die Intensivstationen davon aber weniger betroffen, merken die 19 Experten an. Noch nicht ausreichend zu beurteilen sei, wie sich Omikron auf ältere Bevölkerungsgruppen auswirke. (af)