Nach der Bundestagswahl
FDP und Grüne starten in die Sondierung
Ampel oder Jamaika? Noch reden nur die Parteispitzen miteinander. Fachpolitische Themen wie Gesundheit haben Grüne und Liberale noch nicht angefasst.
Veröffentlicht:Berlin. Die gar nicht so heimlichen Sieger der Bundestagswahl verlieren keine Zeit. Bereits Dienstagnacht haben sich die Spitzen von Bündnis90/Die Grünen und FDP überraschend zu Vorsondierungsgesprächen getroffen. Zuvor war Christian Lindner von der Fraktion der Liberalen mit 98 Prozent Zustimmung als Fraktionsvorsitzender bestätigt worden.
Gesundheitspolitik und andere Fachthemen hätten bei diesen Gesprächen keine Rolle gespielt, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen Maria Klein-Schmeink am Mittwochmorgen der „Ärzte Zeitung“. Es werde auf der Ebene der Parteivorsitzenden und sehr grundsätzlich gesprochen. Fachfragen würden später angefasst. Entsprechende Arbeitsgruppen seien im Aufbau.
Wesentlicher programmatischer Unterschied zwischen FDP und Grünen findet sich in der Finanzierung des Gesundheitswesens. Die Grünen stehen für Bürgerversicherung, die FDP für Wettbewerb der Krankenkassen untereinander mit Selbstbeteiligungen, Bonuszahlungen und Beitragsrückerstattungen.
Habecks „Harmoniefallen“
Zwischen Grünen und FDP gebe es die meisten inhaltlichen Unterschiede, hatte Lindner vor den Gesprächen betont. Gleichzeitig hätten sich die beiden Parteien am stärksten gegen die Fortsetzung einer Großen Koalition ausgesprochen. Grünen-Vorsitzender Robert Habeck sprach vor den Gesprächen von „großen inhaltlichen Schnittmengen“ bei Bürgerrechten, rechtlicher Liberalität sowie der Einwanderung von Facharbeitern. „Harmoniefallen“ seien jedoch Umwelt und Verkehr.
Kontrovers sehen die Verhandlungspartner auch das Thema Finanzen. Die Grünen haben in den Raum gestellt, für den Umbau zur klimaneutralen Wirtschaft auch die Schuldenbremse neu justieren zu wollen. Das Zinsniveau nahe Null solle genutzt werden, hieß es bei den Grünen. Werde die Klimaneutralität nicht hergestellt, scheitere die Regierung und die damit zu schaffenden Arbeitsplätze seien futsch, zitierte der „Deutschlandfunk“ Habeck.
Eine „Liebesheirat“ werde nicht verhandelt, betonte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Michael Theurer. Es geht vielmehr um Vertrauen. Beide Parteien zählten zu den Wahlsiegern. Deshalb sei es ein „guter Schachzug“, früh mit den Sondierungen zu beginnen. Beim Klimaschutz sein sich beide im Ziel einig, nicht aber beim Weg, sagte Theurer dem „Deutschlandfunk“. Gemeinsamkeiten gebe es bei Digitalisierung, Bildung und Infrastruktur.
Brinkhaus als Fraktionschef wiedergewählt – für sechs Monate
In der Union knirscht es derweil gewaltig. Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus betonte nach seiner Wiederwahl für zunächst sechs Monate, dass man keine Ansprüche auf Regierungsbildung stellen könne. „Die besten Chancen, Kanzler zu werden, hat derzeit Olaf Scholz“, sagte CSU-Vorsitzender Markus Söder.
CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hatte zuvor versucht, die Wahl eines Fraktionsvorsitzenden zu vertagen. Das wurde als Versuch von Laschet interpretiert, den wichtigsten Posten der größten Oppositionspartei für sich zu reservieren, falls es mit der Kanzlerschaft nicht klappen sollte. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werden Ambitionen auf den Job nachgesagt. (af)