Präventionsarbeit
GKV-Spitzenverband kritisiert Bundesbehörde
Die Beitragszahler müssen seit 2016 die BZgA mitfinanzieren. Das Verhältnis zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Bundesbehörde wirkt seither angespannt.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Kassen geben mehr Geld für Prävention aus, als sie eigentlich müssten. Die sieben Euro je Versicherten, die ihnen das Präventionsgesetz von Juli 2015 vorschreibt, würden übertroffen, vermeldete GKV-Spitzenverbandsvorstand Gernot Kiefer vergangene Woche.
Eigentlich ein Grund, die Entwicklung positiv zu beurteilen. Die gesetzlichen Kassen knabbern aber nach wie vor an einer Bürde, die ihnen der Gesetzgeber zusätzlich aufgebunden hat. Mit 32 Millionen Euro im Jahr soll der GKV-Spitzenverband die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bei Projekten in Kitas, der Jugendhilfe, in Schulen und Senioreneinrichtungen unterstützen. Geld, das die Kassen lieber ohne Umweg über die BZgA in die Arbeit in Lebenswelten fließen lassen würden.
80 Millionen Euro werden geparkt
Eine erste Rechnung mit spitzem Stift hat nun ergeben, dass die Akteure im ersten Jahre der Zwangskooperation lediglich 1,7 Millionen Euro ausgegeben haben. Bis 2018 müsse die gesetzliche Krankenversicherung voraussichtlich 80 Millionen Euro auf dem Konto der BZgA parken, ohne dass die Versichertengemeinschaft dafür einen Gegenwert erwarten könne, klagte Gernot Kiefer vor Journalisten. Für die GKV stelle sich daher die Frage, wie "begründbar" der vorgeschriebene Förderbetrag von 32 Millionen Euro tatsächlich sei. Die Vorwürfe des Spitzenverbands gegen die BZgA sind massiv.
Seitens der BZgA würden vereinbarte Termine gerissen. Zwei Drittel der Aufträge bislang seien nicht zeitgerecht bearbeitet worden. Aufträge würden zudem trotz rund 30 Neueinstellungen bei der Behörde an Dritte delegiert. Die Abnahme sei aus Gründen der Qualitätssicherung oft nicht möglich.
Die BZgA zeichnet ein anderes Bild. Die Vorschläge der BZgA lägen bereits seit Herbst 2016 vor, hat eine Sprecherin am Montag der "Ärzte Zeitung" mitgeteilt. Wenn der Spitzenverband sie zeitnah akzeptiert hätte, wären bereits 30 Millionen abgeflossen.
Zahlreiche Korrekturschleifen
Bei der Bundesbehörde hat sich der Eindruck verdichtet, dass "die Kooperation vom Spitzenverband nicht gewollt" sei und der Verband die Arbeit gezielt behindere. Der Verband nehme die Arbeitsergebnisse nur mit Verzögerung ab und verlangte zahlreiche Korrekturschleifen. Engagement bei Zuwendungen an Unterauftragnehmer lasse die Kassenseite vermissen.
Gegen die Absichten des Gesetzgebers liefen die Kassen von Anfang an Sturm. Eine Finanzierung von Bundesbehörden aus Beitragsgeld sei systemfremd, lautet das Argument. Eine Klage gegen die Vorgabe des Bundes liegt beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg. "Dieses Jahr wird es mit einer Entscheidung wohl nichts mehr", hegt Gernot Kiefer keine allzu hohen Erwartungen an ein schnelles Ende des Verfahrens. Im Hintergrund, so betonen die Verantwortlichen der Kassenseite, gehe es ohnehin darum, den zuständigen Senat des LSG "anzuspitzen", von sich aus Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Als Verband hat die GKV keine Möglichkeit, direkt nach Karlsruhe zu gehen.