Trotz Defizit
GKV bleibt gut gepolstert
Die Krankenkassen machen im ersten Halbjahr ein kräftiges Minus - doch das Bundesgesundheitsministerium sieht die GKV-Finanzlage als stabil an. Und nimmt die Kassen in die Pflicht, bei Prävention spendabler zu sein.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Ausgabendynamik für alle wichtigen Leistungen der Krankenkassen hat sich im ersten Halbjahr 2015 zum gleichen Vorjahreszeitraum deutlich abgeschwächt: von insgesamt 5,3 auf 4,1 Prozent.
Das Wachstum der Arzneimittelausgaben hat sich sogar auf 4,8 Prozent nahezu halbiert.
Gleichwohl haben die Kassen in der Summe ein Defizit von 490 Millionen Euro verbucht, wie aus den am Freitag veröffentlichten KV-45-Daten des Bundesgesundheitsministeriums hervorgeht.
Den Fehlbetrag erklärt das Ministerium damit, dass die Kassen den Zusatzbeitrag im Durchschnitt von 0,9 auf 0,83 Prozent zum Jahresbeginn verringert haben. Ohne diese Beitragssenkung wäre das Finanzergebnis nahezu ausgeglichen ausgefallen.
Insgesamt verfügen die Krankenkassen noch über Reserven von 15,2 Milliarden Euro, eine Milliarde Euro weniger als am 30. Juni 2014. Je nach Kassen und Kassenart fallen die Reserven unterschiedlich aus.
GKV profitiert von der Konjunktur
Über das stärkste Polster verfügen die Ortskrankenkassen: 6,4 Milliarden Euro. Erstmals ist bei ihnen seit langem ein geringer Ausgabenüberhang von 112 Millionen Euro entstanden. Die Ersatzkassen haben Finanzreserven von 4,9 Milliarden Euro, die aber je nach Kasse unterschiedlich hoch sind.
Das Defizit liegt bei 191 Millionen Euro. Die Reserven der Betriebskrankenkassen liegen bei 2,4 Milliarden Euro bei einem Defizit von 127 Millionen. Die Innungskrankenkassen haben Reserven von 1,4 Milliarden Euro und verbuchen ein Defizit von 118 Millionen Euro.
Der Gesundheitsfonds hat noch eine Liquiditätsreserve von 8,6 Milliarden Euro; das ist nach Angaben des Ministeriums doppelt so hoch wie gesetzlich vorgeschrieben.
Im Vergleich zur Jahresmitte 2014 ist das Polster allerdings um 2,5 Milliarden Euro geschrumpft. Ein großer Teil erklärt sich aus dem vorübergehend abgesenkten Steuerzuschuss aus dem Bundeshaushalt, der im nächsten Jahr wieder auf den Ausgangwert zurückkehren soll.
Ferner wird der Gesundheitsfonds, der an die Kassen monatlich gleiche Zahlungen ausschüttet, aufgrund der Verbeitragung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld in der zweiten Jahreshälfte deutlich mehr einnehmen als im ersten Halbjahr.
Insgesamt profitiere die GKV bei einer günstigen Entwicklung der Beitragseinnahmen weiterhin von der positiven Lohn- und Beschäftigungsentwicklung.
Deutlich abgeschwächt hat sich die Ausgabenentwicklung: auf 3,9 Prozent (inklusive Verwaltungsausgaben); sie lag im Gesamtjahr 2014 noch bei fünf Prozent.
Insbesondere gilt das für die Entwicklung der Arzneimittelausgaben, deren sprunghafter Anstieg 2014 um 9,4 Prozent je Versicherten von der Verringerung der gesetzlichen Rabatte verursacht war. Im ersten Halbjahr lag der Zuwachs bei 4,8 Prozent und damit unterhalb des Zielbereichs der Rahmenvereinbarung von GKV und KBV.
Erklärt wird der aktuelle Ausgabenanstieg vom BMG mit Arzneimittelinnovationen, vor allem für neu zugelassene Arzneimittel gegen Hepatitis C, für die 600 Millionen Euro ausgegeben wurden.
Mehr Engagement bei Prävention!
Erstmals seit langem haben sich die Ausgaben für Krankengeld mit einem Plus von 5,3 Prozent moderat nach oben bewegt. In den vergangenen zehn Jahren hatten sich die Ausgaben nämlich mit zum Teil zweistelligen Zuwächsen auf 10,6 Milliarden Euro jährlich (2014) verdoppelt.
In einem Sondergutachten soll der Sachverständigenrat die Ursachen analysieren. Relativ starke Zuwächse sind bei Präventionsleistungen mit sieben Prozent zu beobachten.
Dennoch mahnt das BMG: "Die Ausgaben bleiben weit hinter dem finanziellen Engagement zurück, das für die Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention erforderlich ist."
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