Leitartikel
Gesundheit braucht vernetztes Denken
Gesundheitspolitik wird künftig scheitern, wenn Fachpolitiker nicht interdisziplinär denken lernen. Das gilt für Versorgungsengpässe genauso wie für Prävention - oder auch für Fortschritte in der Pharmakotherapie.
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Wird hier in Ressort-Kategorien gedacht? Das Bundesgesundheitsministerium in Berlin.
© imago / Thiel
"Zum AMNOG sage ich nichts - ich bin Wirtschaftspolitiker!" O-Ton Martin Lindner von der FDP bei einer Informationsveranstaltung zweier großer Pharma-Unternehmen in Berlin.
In der Tat, Zusatznutzen durch Mortalitäts- und Morbiditätsrückgang oder Gewinn an Lebensqualität im Vergleich zum Therapiestandard zu beurteilen, ist nicht Sache eines wirtschaftspolitischen Sprechers. Gleichwohl ist der Rückzug aufs eigene Fach, ins eigene Ressort, antiquiert und kontraproduktiv.
Warum?
Weil die einfach gestrickten politischen Instrumente der 1970er und 1980er Jahre heute nicht mehr funktionieren.
Gesundheitspolitik und das dafür zuständige Ministerium hatten damals die Aufgabe, qualitative Anforderungen an Medizin zu definieren: in der Bundesärzteordnung, in der Approbationsordnung, im Arzneimittelrecht. Die Finanzierung war davon getrennt, Sache des Bundesarbeitsministeriums und eine Funktion der Sozialpolitik.
Solange Geld und Ressourcen reichlich sind, geht das gut. Wenn aber, wie seit den 1980er Jahren üblich, Finanzierungsentscheidungen Menge und Qualität von Leistungen mitbestimmen, ist Vernetzung notwendig.
Das geschah Anfang der 1990er Jahre, als die Zuständigkeit für die gesetzliche Krankenversicherung, später auch für die Pflegeversicherung, dem Bundesgesundheitsministerium zugeordnet wurde.
Inzwischen sind die Herausforderungen viel komplexer geworden. Dazu ein Beispiel: der drohende Ärztemangel. In seiner Zuständigkeit hat das Gesundheitsministerium das Versorgungsstrukturgesetz erarbeitet mit einer Fülle von Aufträgen und Handlungsoptionen für die Selbstverwaltung. Reicht das? - Natürlich nicht!
Traditionelle Instrumente werden stumpf
Denn ob sich Ärzte in überversorgten Ballungsgebieten oder unterversorgten ländlichen Regionen niederlassen, entscheidet sich meist nachrangig an gesundheitspolitisch beeinflussbaren Parametern. Welche das sind, erfahren Sie exklusiv in unserer App (Ausgabe 11. September 2013)