Medica Mondiale
"Gewalt gegen Frauen wird ineffizient verfolgt!"
Dr. Monika Hauser, Gründerin der Hilfsorganisation Medica Mondiale, prangert Missstände bei der Strafverfolgung von Vergewaltigern in Deutschland an. Gewaltopfer bekämen zu wenig Unterstützung.
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Dr. Monika Hauser spricht beim Empfang der Kölner Oberbürgermeisterin. Dabei schildert sie drängende versorgungspolitische Themen.
© Ilse Schlingensiepen
KÖLN. Die Gründerin der Frauenrechts- und Hilfsorganisation Medica Mondiale Dr. Monika Hauser hat die Pläne scharf kritisiert, in Deutschland sogenannte Ankerzentren für Asylbewerber zu errichten. Nach ihrer Überzeugung ist in solchen Einrichtungen eine erfolgreiche Arbeit mit traumatisierten Frauen und Mädchen und den anderen vor Krieg und Gewalt geflüchteten Menschen nicht möglich. "Statt zu Schutz und Stabilisierung wird es zu neuer Gewalt kommen", warnte Hauser bei einem Empfang der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker anlässlich des 25-jährigen Bestehens von Medica Mondiale.
Die erneuten Gewalterfahrungen würden oft all die schrecklichen Erlebnisse wieder hochkommen lassen, denen Zufluchtssuchende im Konflikt oder auf der Flucht ausgesetzt waren, skizzierte sie ihre Befürchtungen. Das setze die Menschen großem Stress aus und reaktiviere die Traumasymptome. "Auch die besten Gewaltschutzkonzepte werden in solchen Massenlagern ad absurdum geführt", betonte Hauser. Sie bezeichnete die Ankerzentren als "perfide Abschreckungsstrategie".
In den vergangenen 25 Jahren hat Medica Mondiale einen emanzipatorischen, stress- und traumasensiblen Ansatz erarbeitet. "Wir wollen die Menschen, die traumatische Erlebnisse überlebt haben, nicht nur kurzfristig versorgen, sondern so stabilisieren, dass ihre innere Widerstandskraft nachhaltig gestärkt wird", sagte sie.
Zu den mittlerweile zwölf Projektländern, in denen die Organisation tätig ist, gehört seit 2015 auch Deutschland. Auch hier kommen seitdem die niedrigschwelligen und nicht-klinischen Ansätze von Medica Mondiale zum Einsatz. Allein in Nordrhein-Westfalen sind mehr als 100 Multiplikatorinnen in der traumasensiblen Begleitung geflüchteter Frauen fortgebildet worden, berichtete Hauser.
Sie verwies darauf, dass es auch in Deutschland ein hohes Ausmaß sexualisierter Gewalt gibt. Dagegen gebe es aber keinen täglichen Aufschrei wie nach den sexistischen Übergriffen in der Kölner Silvesternacht 2016. "Wo sind die lauten Stimmen zu hören, wenn es darum geht, die völlig ineffiziente Strafverfolgung von Vergewaltigern und die unzureichende Unterstützung für die Gewaltopfer anzuprangern?", fragte sie.
Medica Mondiale leiste wertvolle Arbeit in der Fortbildung im Bereich Flucht und Migration, lobte Oberbürgermeisterin Reker. "Auf diese Expertise möchten wir auch in Zukunft nicht verzichten." Reker zeigte sich beeindruckt vom jahrelangen Engagement der Medica Mondiale-Gründerin. "Sie haben eine mutige Idee umgesetzt, Sie sind ein Vorbild für uns alle", sagte sie zu Hauser. "Ich bin sehr stolz, dass wir Sie hier in Köln haben."
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