Vor der Erkältungswelle

Hausärzteverband warnt: „Ambulanter Maschinenraum droht heiß zu laufen“

Die Hausärztinnen und Hausärzte sehen ihre Praxen als Maschinenräume, die zu überhitzen drohen. Wegen Personalmangels und Impfbürokratie.

Veröffentlicht:
Dr. Markus Beier und Professorin Nicola Buhlinger-Göpfarth vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband am 20. September in Berlin.

Dr. Markus Beier und Professorin Nicola Buhlinger-Göpfarth vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband am 20. September in Berlin.

© Marco Urban

Berlin. Angesichts der bevorstehenden Welle respiratorischer Infekte warnt der Hausärztinnen- und Hausärzteverband vor einem Kollaps der ambulanten Versorgung. Die Grippewelle in Australien, wo derzeit der Frühling beginnt, lasse einen erhöhten Bedarf in den Praxen auch in Deutschland erwarten, sagte der Bundesvorsitzende des Verbands, Dr. Markus Beier, am Mittwoch in Berlin.

Das käme zum alltäglichen Praxisbetrieb hinzu. Und ob des Fachkräftemangels und überbordender Bürokratie müssten womöglich Nicht-Notfall-Patienten auch abgewiesen werden, so seine Warnung.

Ein Problem sieht der Verband bei der COVID-Schutzimpfung, die die STIKO als Auffrischung für Risikogruppen empfiehlt. Nach wie vor muss die umfassend und tagesaktuell dokumentiert werden. Verbandsvize Professorin Nicola Buhlinger-Göpfarth fordert, die Impf-Dokumentation automatisiert aus den PVS übertragen zu lassen. Auch sollten Impfstoffe künftig QR-Codes tragen, so ihr Vorschlag, um die Daten der verimpften Dosis per Scan einfach im PVS zu dokumentieren.

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Verbandschef Beier beklagte, dass es noch immer keine verlässliche Zusage für Einzeldosis-Corona-Vakzinen gibt. „Keinen Einzelimpfstoff problemlos nutzen zu können, ist eine Katastrophe“, sagte Beier.

Die Vakzine Spikevax® ist zwar in der Regelversorgung als Einzeldosisbehältnis verfügbar. Da der Bund aber nach wie vor über einen Beschaffungsvertrag mit BioNTech dessen Comirnaty® aus Steuermitteln bezieht und über den Großhandel bereitstellt, ist diese Vakzine für die Krankenkassen wirtschaftlicher.

Regressgefahr nicht gelöst

Allerdings bietet BioNTech die angepasste Vakzine in Deutschland bislang nur als Mehrdosisbehältnis mit sechs Impfdosen an, die binnen einiger Stunden verimpft werden müssen.

Das Bundesgesundheitsministerium betont zwar, dass auch die Moderna-Vakzine (in Einzeldosisbehältnissen) verordnungsfähig ist, Hausärzte-Chef Beier sieht aber eine ungelöste Regressgefahr. „Die Erstattung muss im Einzelfall gerechtfertigt werden. Darin liegt das Risiko. Was soll die Rechtfertigung sein, dass ich den einen Impfstoff nehme oder den anderen?“

Es brauche seitens der Politik eine klare Aussage, dass alle Impfstoffe verordnet werden dürfen. „Alles dazwischen macht die Praxen wahnsinnig.“

Zudem beklagten beide den aus ihrer Sicht eklatanten Fachkräftemangel in den Praxen: Angesichts von „bald 5.000 unbesetzten Hausarztstellen, (...) müsste die Politik längst panisch eine Maßnahme nach der anderen anstoßen“.

Buhlinger-Göpfarth: „Wir sind am Anschlag mit den Teams. Es wird so getan, als hätten wir unendliche Ressourcen. Wir sind der Maschinenraum der Versorgung, und die Maschinen drohen heiß zu laufen.“

Der Bundesverband will bei seiner Versammlung der 120 Delegierten am Donnerstag und Freitag in Berlin einen Sechs-Punkte-Forderungskatalog diskutieren und beschließen, in dem die Hausärzte Lösungen vorschlagen wollen. (ji/nös)

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