Gesundheitskompetenz

Jeder Vierte kennt sich nicht aus

Die nicht ausreichenden und zwischen den sozialen Schichten unterschiedlich verteilten Gesundheitskompetenzen sind verstärkt Thema in der Politik.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Rund ein Viertel der Bevölkerung kennt sich bei allgemeinen Gesundheitsthemen nicht aus. Das hat eine Studie des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Berliner Charité in Zusammenarbeit mit Pfizer bereits Ende vergangenen Jahres ergeben.

Jetzt rücken Gesundheitskompetenz und ihre Vermittlung stärker in den Fokus der Gesundheitspolitik. Schon heute wird in der Regierung über die direkte Vermittlung von Gesundheitswissen in Kita und Schule nachgedacht, aber auch darüber, Verhaltensänderungen bei Menschen über ihnen nicht bewusste Anreize herbeizuführen. Aus dem Englischen hat man den dort gebräuchlichen Begriff "nudging" zu deutsch: anstupsen entlehnt.

Fehlendes Gesundheitswissen in der Bevölkerung kommt die Beitragszahler teuer. Drei bis fünf Prozent der Kosten im Gesundheitswesen seien nach WHO-Angaben darauf zurückzuführen, dass Informationen nicht richtig fließen. Darauf hat der Abteilungsleiter für Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik und Telematik im Bundesgesundheitsministerium Oliver Schenk in dieser Woche beim Pfizer Forum verwiesen. Übersetzt in deutsche Verhältnisse bedeute dies einen bis zu zweistelligen Milliardenbetrag an Beitragsgeld, sagte Schenk.

Daraus resultierten Bildungsaufträge. Man müsse Wege finden, Patienten qualitätsgesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. "Eine Riesenherausforderung", sagte Schenk. Das Medienangebot zu medizinischen Themen wirke sich direkt auf das Arzt-Patienten-Verhältnis aus. Somit ergebe sich auch ein Bildungsauftrag an die Ärzteschaft, Patientenkommunikation noch stärker in ihre Aus-, Weiter- und Fortbildung zu integrieren. Für die Gesellschaft ergebe sich zudem der Auftrag, ab der Kita Gesundheitswissen zu vermitteln.

Noch einen Schritt weiter ging Dr. Andreas Ludäscher , Geschäftsführer der Pfizer Pharma GmbH. Es sei Zeit für einen interdisziplinären Masterplan. Dazu gehöre die Gesundheitserziehung. Es gelte aber auch sozial schwache Menschen an die Hand zu nehmen. Die seien nicht selbstbestimmt. Die Sprachprobleme von Migranten seien dafür ein Beispiel.

Möglichkeiten, Verhaltensänderungen bei Menschen herbeizuführen, ohne sie direkt mit der Nase darauf zu stoßen wie zum Beispiel bei einer Besteuerung von Fett und Zucker in Lebensmitteln, sprach Menusch Khadjavi an, Professor für Wirtschaftsethik am Kieler Institut für Weltwirtschaft.

"Nudging" ist, auch ohne von der Politik direkt eingesetzt zu werden, bereits verbreitet. So könne zum Beispiel der Aufbau eines Buffets dafür sorgen, dass die Teilnehmer die gesünderen Speisen den fettigen vorzögen. Der Ökonom verwies auf eine politikethische Konsequenz dieses Tuns. Der theoretisch entscheidungsfreie homo oeconomicus werde durch ein in seinen Entscheidungen von der Politik beeinflusstes Wirtschaftssubjekt ersetzt.

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