Vernetzung
KBV geht in die Offensive
Die Selbstverwaltung sieht die Hoheit über ihr sicheres Online-Netzwerk in Gefahr - und hat jetzt ihr eigenes Schicksal damit verknüpft.
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Die KBV will sich bei der Online-Vernetzung der Ärzte nicht aus der Mitte drängen lassen.
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BERLIN. Die Vernetzung von Ärzten untereinander muss in den Händen der ärztlichen Selbstverwaltung liegen. Dies hat die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bei ihrer jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen.
Die Delegierten der KVen gingen dabei sogar so weit, die Hoheit über die "Online-Vernetzung" der Ärzte mit dem Sicherstellungsauftrag zu verknüpfen. Sie solle als achter Punkt die sieben Bedingungen ergänzen, unter denen die Ärzte bereit sind, auch nach 2017 noch den Sicherstellungsauftrag zu erfüllen.
Hintergrund des Vorstoßes aus dem KBV-Vorstand sind Äußerungen eines Managers der Deutschen Telekom.
"Im westlichen Europa sind wir das einzige Land, das im Gesundheitswesen auf einen sicheren Onlineaustausch von Daten verzichtet. Dabei ist doch längst unstrittig, dass wir eine gute Onlinevernetzung mit einer einheitlichen Infrastruktur und einem hohen Sicherheitsniveau brauchen", hatte der Leiter des Geschäftsfeldes Gesundheit der Telekom, Dr. Axel Wehmeier, in einem Interview für das Branchendossier "Healthcare 2020" des Marktforschungsinstituts Lünendonk gesagt.
Diese Äußerung haben die Ärzte mit Befremden zur Kenntnis genommen. "Gerade die Telekom als zugelassener KV-SafeNet-Provider sollte eigentlich wissen, dass es bereits eine funktionierende Vernetzung gibt", wunderte sich KBV-Chef Dr. Andreas Köhler in seiner Rede vor den Delegierten.
Immer mehr Ärzte online
Das sichere Netz der KVen werde von 35.000 Ärzten und Psychotherapeuten genutzt und sei von den Landesdatenschützern empfohlen.
Köhler unterstellte Wehmeier einen Angriff auf die Souveränität der ärztlichen Selbstverwaltung. Dessen Äußerung, die Telekom wolle "der zentrale Partner für das gesamte Gesundheitswesen sein, der alle Teilnehmer zusammenbringe", mache die Ambitionen des Dax-Schwergewichts im Gesundheitswesen deutlich.
Köhler brachte stattdessen das sichere Netz der KVen als Alternative zur Netzhoheit der gematik über die Telematik-Infrastruktur im Zusammenhang mit der elektronischen Gesundheitskarte ins Spiel.
Der KBV-Vorstand erneuerte die Kritik der Ärzte und Psychotherapeuten an den Plänen der gematik zu dieser Infrastruktur, wandte sich gleichzeitig aber gegen einen Ausstieg aus der Entwicklungsgesellschaft.
Die Ärzte sollten die Entwicklung der gematik und der Gesundheitskarte aber weiter begleiten, "um Schlimmeres zu verhindern", sagte Köhler.
Wie die aktuelle API-Studie des Arbeitskreises LA-MED (Leseranalyse medizinische Fachkreise) zeigt, nutzen mittlerweile nur noch 7,5 Prozent der niedergelassenen Allgemeinmediziner, Praktiker und Internisten (API) das Internet überhaupt nicht.
Dagegen sind 56,1 Prozent der Ärzte dieser Fachgruppen täglich oder sogar mehrmals täglich online.
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