Der Standpunkt

Kampfzone Kabinettstisch

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

Der Autor ist Redakteur im Ressort Gesundheitspolitik der "Ärzte Zeitung". Schreiben Sie ihm: florian.staeck@springer.com

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat eine Kampfzone eröffnet. Er schießt gegen das geplante Versorgunggesetz, meint aber die FDP.

Schäuble gilt nicht als Vielredner, der morgen nicht mehr weiß, was der gestern der Presse erzählt hat. Von daher ist es ist ein beispielloser Vorgang, dass den Medien ein Vermerk aus seinem Haus zugespielt wird, in dem das Versorgungsgesetz nach allen Regeln der Kunst zerlegt wird.

Noch liegt nur ein Referentenentwurf vor. Vor der Kabinettsfassung eines jeden Gesetzes steht die interministerielle Abstimmung - ein in der Regel unaufgeregtes Konsensbildungsverfahren. Doch Schäuble zieht zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine rote Linie und tut alles, um seinen Kabinettskollegen Daniel Bahr (FDP) als Laienschauspieler dastehen zu lassen.

Sein Ministerium belässt es nicht bei grundsätzlichen Hinweisen zum Gesetzentwurf, sondern seziert ihn Spiegelstrich für Spiegelstrich. Tenor in allen Punkten: Mehrkosten für die gesetzliche Krankenversicherung sind wahrscheinlich, Gegenfinanzierungsvorschläge fehlen.

Mehr noch: In Aussagen wie "Ordnungspolitisch überzeugen Stilllegungsprämien nicht" wird ein klarer gesundheitspolitischer Gestaltungsanspruch deutlich. Drohend heißt es denn auch: "Diese Stellungnahme ist ausdrücklich nicht abschließend."

Der Kern von Schäubles Intervention ist nicht die eines Haushaltswächters. Der Stil und die indiskrete Form der Übersendung an Bahr erfüllen alle Ingredienzien eines Lehrschreibens mit der Botschaft: Die Kompetenzen zur Gestaltung dieser Reform wie des Gesundheitswesens insgesamt liegen nicht allein bei der FDP.

Damit wäre eigentlich ein koalitionsinterner Großkonflikt eröffnet. Die Frage ist nur, ob die programmatisch wie politisch geschwächten Liberalen den Fehdehandschuh aufnehmen.

Neuling Daniel Bahr muss den Konflikt mit dem erfahrensten Minister am Kabinettstisch aufnehmen. Und was macht die Kanzlerin? Sie wird -  wie so häufig - zuwarten, bevor sie interveniert. Die Gesundheitsreform ist damit zum Großkonflikt geworden.

Lesen Sie dazu auch: Schäuble verreißt Ärztegesetz - Koalitionskrach? Bahrs Reform im Schredder des Finanzministers Ärzte reagieren empört auf Schäubles Vorstoß FDP mahnt Schäuble zu mehr Zurückhaltung Lauterbach sieht handwerklichen Tiefpunkt erreicht Der Standpunkt: Kampfzone Kabinettstisch

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