Vereinbarung
Kassen und Kliniken basteln an Coronavirus-Rettungsschirm
Krankenhäuser sollen sich auf die Behandlung schwer erkrankter „Corona-Patienten“ konzentrieren. Das kostet Geld. Die Verhandlungen darüber laufen.
Veröffentlicht:Berlin. Krankenkassen und Kliniken arbeiten bereits an einer einvernehmlichen Lösung für den geplanten „Rettungsschirm“ zur Sicherung der Liquidität der Krankenhäuser in der „Coronakrise“.
Man wolle den Kliniken monatliche Abschlagszahlungen zur Liquiditätssicherung garantieren, erfuhr die „Ärzte Zeitung“ dazu am Dienstag aus Kassenkreisen.
Kassen: Monatliche Abschlagszahlungen
Neben der normalen Krankenhausrechnung könnten die Kliniken in Höhe des Einnahmeausfalls Abschlagszahlungen abrufen. Diese sollten sich am Budget des jeweiligen Krankenhauses orientieren. Zusätzlich könnten Gelder für erhöhte Materialkosten und Kosten für den Aufbau weiterer Intensivbehandlungsplätze abgerufen werden.
Um die Abschlagzahlung möglichst unbürokratisch abzuwickeln, sollte dafür eine Krankenkasse je Bundesland bestimmt werden.
Kompensation von Liquiditätsausfällen
Bund und Länder hatten vergangene Woche beschlossen, dass Krankenhäuser wegen der grassierenden Coronavirus-Epidemie planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe verschieben oder aussetzen sollen. Dies soll die Kapazität der freien Intensivplätze zur Behandlung von Patienten mit SARS-CoV-2 kurzfristig erhöhen. Da ein solcher Schritt in den betroffenen Kliniken zu Liquiditätsausfällen führen kann, hatten Bund und Länder einen Rettungsschirm verabredet.
Von Kassenseite hieß es dazu, der geplante Rettungsschirm solle „zunächst“ auf drei Monate befristet sein. Je nach Lage könne diese Lösung jedoch verlängert werden. Ein Spitzengespräch zwischen Kliniken, Kassen und Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums soll an diesem Mittwoch stattfinden.
Krankenhausverband macht erste Rechnung auf
Der Evangelische Krankenhausverband (DEKV) hat im Vorfeld der Verhandlungen vorgerechnet, wie der Verzicht auf planbare Operationen und nicht dringend notwendige Behandlungen die Krankenhäuser trifft. Damit müssten die Häuser auf Erlöse aus Wahlleistungen, ambulanten Leistungen und Nutzungsentgelten der Ärzte sofort verzichten. „Fallen nur 25 Prozent der nicht dringend behandlungsbedürftigen Patienten weg, bedeutet dies einen Ausfall von rund zehn Prozent der Erlöse“, hat der Verband mitgeteilt.
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Dem gegenüber ständen Einsparungen von zwei bis drei Prozent. Für ein Krankenhaus mittlerer Größe mit 300 bis 400 Betten und einem Jahresumsatz von 80 Millionen Euro bedeute dies Einnahmeausfälle von 500.000 Euro im Monat.
Weitere Garantien gefordert
Diakonie Deutschland und DEKV fordern für die Krankenhäuser daher, die Zahlungsfrist für Krankenhausrechnungen auf drei Tage zu verkürzen. Zudem solle der Medizinische Dienst die „sehr zeitaufwändigen Prüfungen“ aussetzen.
Zusätzlich zur kurzfristigen Liquiditätsabsicherung fordern die Evangelischen Krankenhäuser weitere Garantien. Hilfreich wäre eine Garantie auf die 2019 abgerechneten Erlöse plus Steigerungsraten. Zudem sollen die durch Corona entstehenden Kosten den Krankenhäusern on top erstattet werden, schreibt der Verband.
Weiter solle der mit dem Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz eingeführte Rechnungszuschlag von 0,42 Prozent auf zwei Prozent und der übergangsweise Pflegeentgeltwert von 147 Euro auf 200 Euro angehoben werden.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DGK) mahnte derweil eine rasche Lösung an. Kliniken, ob privat oder öffentlich, könnten sich nur dann konsequent auf die Behandlung von Corona-Patienten konzentrieren, „wenn sie jetzt schnell die unbedingte Sicherheit erhalten, dass die Absagen anderer Behandlungen nicht zu Liquiditätsengpässen führen“, sagte Präsident Dr. Gerald Gaß laut dpa der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). Sonst gerieten etliche Häuser schnell in die Insolvenz. Es brauche noch diese Woche Klarheit in der Sache.
Strukturveränderungen vom Tisch?
Der DKG-Präsident betonte auch, die Diskussionen über Krankenhausschließungen hätten sich im Zuge der Coronavirus-Diskussionen erledigt. „Ein Kahlschlag der Krankenhauslandschaft, der noch im vergangenen Sommer intensiv diskutiert worden war, erscheint jetzt hoffentlich indiskutabel. Wer heute noch meint, das deutsche Gesundheitssystem könne eine Lage wie in Italien locker bewältigen, hat nichts begriffen.“
Dagegen betonte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU), im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“, eine Reform der Krankenhausstrukturen stehe weiter auf der Agenda der Koalition.