Vereinbarung

Kassen und Kliniken basteln an Coronavirus-Rettungsschirm

Krankenhäuser sollen sich auf die Behandlung schwer erkrankter „Corona-Patienten“ konzentrieren. Das kostet Geld. Die Verhandlungen darüber laufen.

Von Anno Fricke und Thomas Hommel Veröffentlicht:
Kliniken sollen wegen des Coronavirus jede planbare Op verschieben. Das bedeutet auch Liquiditätsverluste.

Kliniken sollen wegen des Coronavirus jede planbare Op verschieben. Das bedeutet auch Liquiditätsverluste.

© ake1150sb / Getty Images / iStock

Berlin. Krankenkassen und Kliniken arbeiten bereits an einer einvernehmlichen Lösung für den geplanten „Rettungsschirm“ zur Sicherung der Liquidität der Krankenhäuser in der „Coronakrise“.

Man wolle den Kliniken monatliche Abschlagszahlungen zur Liquiditätssicherung garantieren, erfuhr die „Ärzte Zeitung“ dazu am Dienstag aus Kassenkreisen.

Kassen: Monatliche Abschlagszahlungen

Neben der normalen Krankenhausrechnung könnten die Kliniken in Höhe des Einnahmeausfalls Abschlagszahlungen abrufen. Diese sollten sich am Budget des jeweiligen Krankenhauses orientieren. Zusätzlich könnten Gelder für erhöhte Materialkosten und Kosten für den Aufbau weiterer Intensivbehandlungsplätze abgerufen werden.

Um die Abschlagzahlung möglichst unbürokratisch abzuwickeln, sollte dafür eine Krankenkasse je Bundesland bestimmt werden.

Kompensation von Liquiditätsausfällen

Bund und Länder hatten vergangene Woche beschlossen, dass Krankenhäuser wegen der grassierenden Coronavirus-Epidemie planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe verschieben oder aussetzen sollen. Dies soll die Kapazität der freien Intensivplätze zur Behandlung von Patienten mit SARS-CoV-2 kurzfristig erhöhen. Da ein solcher Schritt in den betroffenen Kliniken zu Liquiditätsausfällen führen kann, hatten Bund und Länder einen Rettungsschirm verabredet.

Von Kassenseite hieß es dazu, der geplante Rettungsschirm solle „zunächst“ auf drei Monate befristet sein. Je nach Lage könne diese Lösung jedoch verlängert werden. Ein Spitzengespräch zwischen Kliniken, Kassen und Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums soll an diesem Mittwoch stattfinden.

Krankenhausverband macht erste Rechnung auf

Der Evangelische Krankenhausverband (DEKV) hat im Vorfeld der Verhandlungen vorgerechnet, wie der Verzicht auf planbare Operationen und nicht dringend notwendige Behandlungen die Krankenhäuser trifft. Damit müssten die Häuser auf Erlöse aus Wahlleistungen, ambulanten Leistungen und Nutzungsentgelten der Ärzte sofort verzichten. „Fallen nur 25 Prozent der nicht dringend behandlungsbedürftigen Patienten weg, bedeutet dies einen Ausfall von rund zehn Prozent der Erlöse“, hat der Verband mitgeteilt.

Lesen sie auch

Dem gegenüber ständen Einsparungen von zwei bis drei Prozent. Für ein Krankenhaus mittlerer Größe mit 300 bis 400 Betten und einem Jahresumsatz von 80 Millionen Euro bedeute dies Einnahmeausfälle von 500.000 Euro im Monat.

Weitere Garantien gefordert

Diakonie Deutschland und DEKV fordern für die Krankenhäuser daher, die Zahlungsfrist für Krankenhausrechnungen auf drei Tage zu verkürzen. Zudem solle der Medizinische Dienst die „sehr zeitaufwändigen Prüfungen“ aussetzen.

Zusätzlich zur kurzfristigen Liquiditätsabsicherung fordern die Evangelischen Krankenhäuser weitere Garantien. Hilfreich wäre eine Garantie auf die 2019 abgerechneten Erlöse plus Steigerungsraten. Zudem sollen die durch Corona entstehenden Kosten den Krankenhäusern on top erstattet werden, schreibt der Verband.

Weiter solle der mit dem Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz eingeführte Rechnungszuschlag von 0,42 Prozent auf zwei Prozent und der übergangsweise Pflegeentgeltwert von 147 Euro auf 200 Euro angehoben werden.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DGK) mahnte derweil eine rasche Lösung an. Kliniken, ob privat oder öffentlich, könnten sich nur dann konsequent auf die Behandlung von Corona-Patienten konzentrieren, „wenn sie jetzt schnell die unbedingte Sicherheit erhalten, dass die Absagen anderer Behandlungen nicht zu Liquiditätsengpässen führen“, sagte Präsident Dr. Gerald Gaß laut dpa der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). Sonst gerieten etliche Häuser schnell in die Insolvenz. Es brauche noch diese Woche Klarheit in der Sache.

Strukturveränderungen vom Tisch?

Der DKG-Präsident betonte auch, die Diskussionen über Krankenhausschließungen hätten sich im Zuge der Coronavirus-Diskussionen erledigt. „Ein Kahlschlag der Krankenhauslandschaft, der noch im vergangenen Sommer intensiv diskutiert worden war, erscheint jetzt hoffentlich indiskutabel. Wer heute noch meint, das deutsche Gesundheitssystem könne eine Lage wie in Italien locker bewältigen, hat nichts begriffen.“

Dagegen betonte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU), im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“, eine Reform der Krankenhausstrukturen stehe weiter auf der Agenda der Koalition.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025

Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung von Krankenhäusern

Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025