Brandenburg
Keine Masern-Impfung? Kein Kita-Besuch!
Brandenburg prescht vor: Ein Landtagsantrag sieht eine verpflichtende Masernimpfung als Aufnahme-Voraussetzung für Kitas vor. Zudem soll die Landesregierung eine Bundesratsinitiative für eine bundesweite Impfpflicht initiieren.
Veröffentlicht:POTSDAM. Der Brandenburger Landtag macht sich für die Einführung einer Impfpflicht gegen Masern stark. Ein entsprechender Antrag der Fraktionen SPD, Linke und CDU ist am Donnerstagabend bei Enthaltung der Grünen beschlossen worden. Er sieht drei verschiedene Maßnahmen vor, um die Masern-Impfquoten zu steigern. Ob die Landesregierung diese Aufgaben bis zur Landtagswahl im September noch abarbeiten kann, bleibt jedoch abzuwarten.
Mit dem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zur Einführung einer deutschlandweiten Impfpflicht gegen Masern zu starten. Das Gesundheitsministerium verwies auf die Gesundheitsministerkonferenz im Juni. Dort stehe das Thema auf der Tagesordnung. Auch eine Bundesratsinitiative solle dort diskutiert werden.
Der Antrag sieht aber auch vor, dass schon vor der Einführung einer bundesweiten Impfpflicht in den Kitas und Tagespflegeeinrichtungen im Land Brandenburg eine Masernimpfung als Aufnahme-Voraussetzung verpflichtend wird.
Rechtlich kein Zwang
„Auch wenn die Forderung nach einem Impfschutz als Voraussetzung zur Aufnahme in eine Gemeinschaftseinrichtung der Kinderbetreuung de facto als Zwang verstanden werden kann, ist sie dies im rechtlichen und tatsächlichen Sinne nicht“, meinen die Antragsteller.
Der Besuch vorschulischer Betreuungseinrichtungen erfolge auf Wunsch der Eltern, es gebe keine Verpflichtung dazu. Eltern, die sich der Impfpflicht nicht unterwerfen wollen, hätten die Möglichkeit, ihre Kinder in eigener Verantwortung zu betreuen, argumentieren die Antragsteller. „Dadurch würde der wirksame Schutz der gesamten Bevölkerung vor Infektionskrankheiten gestärkt, ohne die Gegner einer Schutzimpfung zum Impfen zu zwingen“, heißt es weiter.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sylvia Lehmann vertritt die Auffassung, es sei keine bloße Privatsache, ob Kinder geimpft werden, sondern eine Frage der allgemeinen Gesundheitsprävention. „Im Interesse der Gemeinschaft müssen individuelle Bedenken gegen eine Impfung zurückstehen, die sich auch wissenschaftlich nicht begründen lassen“, so Lehmann. „Nur mit einer Impfpflicht ist die Ausbreitung der Masern und anderer gefährlicher Infektionskrankheiten zu stoppen“, meint sie.
Auch Gesundheitsstaatssekretär Andreas Büttner (Linke) hat die Forderung in der Landtagsdebatte begrüßt. Der Schutz von Babys, Schwangeren und Menschen, die nicht geimpft werden könnten, stehe vor den Rechten von Menschen, die eine Impfung ablehnten.
Flächendeckende Angebote
Als dritte Maßnahme fordert der Landtag eine Impfkampagne und flächendeckende Impfangebote in Zusammenarbeit von Gesundheitsämtern und der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg.
Die Landesregierung hat nun den Auftrag, die Voraussetzungen für die Einführung der Impfpflicht zu schaffen. Sie ist laut Beschluss auch aufgefordert zu prüfen, inwiefern Pflichtimpfungen gegen weitere gefährliche Infektionskrankheiten sinnvoll sind. Zuletzt wurden zahlreiche Schüler in mehreren Städten wegen Windpocken-Infektionen vom Unterricht ausgeschlossen.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts gab es bislang in diesem Jahr 153 Windpockenfälle in Brandenburg (Vorjahreszeitraum: 132). Dagegen wurde laut RKI noch kein einziger Masernfall aus Brandenburg gemeldet (Vorjahreszeitraum: 2).
Zuständig für die Umsetzung des Beschlusses sind nach Angaben der Senatskanzlei neben dem federführenden Gesundheitsministerium auch das Bildungs- und Jugendministerium. Ihnen obliegt es den Angaben zufolge auch zu prüfen, wie und wie schnell der Beschluss umgesetzt werden kann und welche gesetzlichen Regelungen gegebenenfalls geändert werden müssen.
Zuvor hatte sich bereits die Landesärztekammer Brandenburg für eine bundesweite Masern-Impfpflicht ausgesprochen. Aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht gebe es dazu keine gleichwertige Alternative, heißt es in einer Resolution der Delegiertenversammlung von Anfang April. Das Wiederauftreten der Maserninfektionen in der WHO-Europaregion mache ein schnelles und klares Handeln des Gesetzgebers erforderlich, um die Durchimpfungsrate zu erhöhen.
Mit mehr als 82.000 Menschen seien in den 53 Mitgliedsstaaten der WHO-Europaregion so viele Menschen an Masern erkrankt wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die Kammerversammlung vertritt die Auffassung, dass nur eine deutschlandweite Masernimpfpflicht Schutz biete, auch für die Gesellschaft.
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