Bundestagsbeschluss
Koalition stopft Lücke bei Begleitung für Menschen mit Behinderungen beim Klinikaufenthalt
Auf den letzten Metern der Legislatur hat der Bundestag eine Regelungslücke für Menschen mit Behinderungen geschlossen, die eine vertraute Person beim Krankenhausaufenthalt benötigen.
Veröffentlicht:Berlin. Angehängt an ein Tierarzneimittel-Gesetz hat die Bundesregierung in letzter Minute die bislang ungeklärte Kostenträgerschaft geregelt, wenn Menschen mit Behinderungen eine vertraute Bezugsperson mit ins Krankenhaus nehmen müssen.
Union und SPD brachten kurzfristig einen Änderungsantrag ein, nachdem die Kosten nun zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung und der Eingliederungshilfe aufgeteilt wird.
Mitte Juni hatte das Bundeskabinett die Vorlage gebilligt, am Donnerstag machte dann der Bundestag einen Haken an die Sache. Damit werde einem Anliegen entsprochen, das zahlreiche Verbände der Menschen mit Behinderungen seit langem einfordern“, heißt es seitens der Bundesregierung.
Bislang war ein Krankenhausaufenthalt nur von Menschen mit Behinderung, die eine Assistenzkraft selbst beschäftigen, finanziell geregelt. Für Kosten eines Krankenhausaufenthalts, die sich aus der Unterstützung im Rahmen der Eingliederungshilfe oder von Angehörigen ergeben, war dies dagegen nicht geregelt.
„Fokus liegt auf dem Wohlergehen“
Das ändere sich nun, sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Dirk Heidenblut: „Die Kostenübernahme für die Hilfe von zu Hause, von ambulanten Diensten oder einer Eingliederungshilfe muss ebenso sicher, unbürokratisch und ohne großen Aufwand ablaufen wie bei den angestellten Assistenzkräften.“ Nach seiner Darstellung liege der Fokus künftig auf dem Wohlergehen der Unterstützungsbedürftigen „und nicht mehr auf der Kostenfrage bei Krankenhausaufenthalten“, so Heidenblut.
Dem Gemeinsamen Bundesausschuss überträgt der Gesetzgeber die Aufgaben, den Personenkreis zu bestimmen, der eine Begleitung aus medizinischen Gründen benötigt. Dieser umfasse nicht nur Menschen mit schwerer geistiger Behinderung, sondern auch Personen mit eingeschränkten sprachlichen Verständigungsmöglichkeiten. Der GBA soll dazu in einer Richtlinie auch „Fallgruppen“ festlegen.
Für Länder und Kommunen werden die Mehrkosten auf jährlich 19 Millionen Euro geschätzt, für die gesetzlichen Krankenkassen sollen sie sich „im niedrigen einstelligen Millionenbereich“ bewegen. Abhängig vom Tag der Verkündung könnte das Gesetz im Sommer kommenden Jahres in Kraft treten. Nach der parlamentarischen Sommerpause muss zunächst noch der Bundesrat der Neuregelung zustimmen.
Vertraute Person macht erfolgreiche Behandlung oft erst möglich
Das Echo auf die Einigung der Koalition fällt zwiespältig aus. Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB), der Deutsche Evangelische Krankenhausverband (DEKV) und die Diakonie Deutschland zeigten sich erleichtert. Für Menschen mit Behinderung sei ein Krankenhausaufenthalt oft eine sehr belastende Situation. „Eine vertraute Person an ihrer Seite erleichtert die Verständigung mit Pflegekräften und Ärzten. Dies macht eine erfolgreiche Behandlung häufig erst möglich“, sagte Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbands.
Die Grünen im Bundestag dagegen erkennen „zwei Schritte nach vorn und einen Schritt zurück“. Vermutlich würden viele Betroffene von der Regelung zur Assistenz im Krankenhaus nicht profitieren, monieren Maria Klein-Schmeink und Corinna Rüffer, Sprecherinnen ihrer Fraktion für Gesundheitspolitik und für Behindertenpolitik. So seien beispielsweise demenziell erkrankte Menschen ausdrücklich ausgeschlossen. Auch in anderen Konstellationen mit besonderen Pflegebedarfen – etwa bei Personen, die aufgrund einer Lähmung ihre Arme und Beine nicht koordiniert bewegen können –, sei die Finanzierung einer Assistenz ungewiss.