„Lessons learned“ aus der Pandemie

Laborärzte gegen nichtärztliche Corona-Tests, Pathologen gegen zu wenig Obduktionen

Labormediziner, Radiologen und Pathologen sehen ihre Fächer als tragende Säulen der Qualitätssicherung in Pandemie-Zeiten. Aber: Die Honorarsenkung für PCR-Tests birgt Gefahren.

Von Anno Fricke Veröffentlicht:
Die Zahl der Obduktionen im Zusammenhang mit COVID-19 sind nach Ansicht von Pathologen in Deutschland nach wie vor zu niedrig.

Die Zahl der Obduktionen im Zusammenhang mit COVID-19 sind nach Ansicht von Pathologen in Deutschland nach wie vor zu niedrig.

© Kurt Flügel/stock.adobe.com

Berlin. Dass es in Deutschland bislang zu vergleichsweise wenigen Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus gekommen ist, führen Vertreter des Dachverbands Ärztlicher Diagnostikfächer (DVÄD) auch auf die Leistungsfähigkeit der Labore, der Radiologie und der Pathologie zurück. Mit ihrem fachärztlichen Hintergrund seien die technischen Fächer in Deutschland in der Lage, an der Patientensteuerung in der COVID-19-Pandemie teilzunehmen.

Obwohl nicht alle Labore Corona-Tests anböten, habe die Labormedizin ihre Kapazitäten von ursprünglich 400 .000 auf inzwischen 1,1 Millionen Tests pro Woche ausgeweitet, sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte (BDL) Dr. Andreas Bobrowski bei einer Videokonferenz. Es bestehe die Sorge, dass sich mit der aktuellen Absenkung der Vergütung für die PCR-Tests um ein Drittel einige Labor sich wieder aus der Versorgung verabschiedeten. Ohnehin böten nicht alle Labore Tests an.

Sorgt Honorar-Eklat sorgt für Gefahr?

Damit wachse die Gefahr von massiven Infektionsausbrüchen infolge der gelockerten Kontaktbeschränkungen. Bobrowski warnte davor, dass Länder und Kommunen die Reihentestungen zum Beispiel in Kindertagesstätten mit Unterstützung des Bundesgesundheitsministers zunehmend an nichtärztliche Akteure vergäben.

„Auch bei den Reihentests geht es um Menschenleben. Ärztliche Beratung und Qualitätssicherung sind hier unverzichtbar“, sagte Bobrowski. Nur die Labore könnten mit der „besten EDV-Vernetzung“ an dieser Stelle schnelle und sichere Meldewege garantieren.

Auch die Radiologen sehen sich als qualitätssichernden Faktor in der Pandemie. Die sicherheitshalber ausgebauten Intensivkapazitäten in den Krankenhäusern seien zum Teil nur zu zehn Prozent gebraucht worden, sagte der Präsident des Berufsverbandes Deutscher Radiologen (BDR) Dr. Detlef Wujciak. Er forderte die Politik auf, „das weit entwickelte ambulante Segment besser zu nutzen“.

Die Befunde der Computertomografie erlaubten zusammen mit dem Risikoprofil der Patienten zum Teil unabhängig vom COVID-Test ein differenziertes Patientenmanagement zwischen den Polen häusliche Quarantäne und Intensivversorgung im Krankenhaus.

Pathologen gegen Obduktionspflicht

Die Pathologie in Deutschland habe im weltweiten Vergleich am schnellsten fundierte Obduktionsergebnisse vorgestellt, berichtete der Präsident des Bundesverbands Deutscher Pathologen Professor Karl-Friedrich Bürrig. Auf der Grundlage von 110 Obduktionen hätten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden können. Demnach waren die an COVID-19 verstorbenen Frauen und Männer im Mittel 70 Jahre alt. Von den 8791 COVID-Toten in Deutschland seien 69 Prozent Männer.

Nach wie vor aber seien die Obduktionszahlen zu niedrig, sagte Bürrig. Das Obduktionsgeschehen dürfe nicht wieder einschlafen. Erst daraus habe man gelernt, dass nicht nur die Lunge, sondern auch die Auswirkungen der Viruserkrankung auf Herz, Niere und Leber zum klinischen Verständnis beitrügen, und damit auch zur Entwicklung der Therapie.

Einer Obduktionspflicht wollte Bürrig gleichwohl nicht das Wort reden. In Deutschland gebe es überwiegend eine Zustimmungslösung zur Obduktion. Man solle überlegen, ob hier nicht zur Widerspruchslösung gewechselt werden könne.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC)

Deeskalation der Radiochemotherapie beim NSCLC im Stadium III

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Überraschende Personalie

Eine Juristin wird Gesundheitsministerin: Das ist Nina Warken

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter

Sie fragen – Experten antworten

Herpes Zoster: Bei unbekanntem Immunstatus trotzdem impfen?

Lesetipps
Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

Husten und symbolische Amplitude, die die Lautstärke darstellt.

© Michaela Illian

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?